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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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III,29<br />

So <strong>ist</strong> auch <strong>die</strong> Lästerung beschaffen: mit einem einzigen Züngeln trifft<br />

sie das Ohr des Zuhörers und den guten Ruf ihres Opfers und vergiftet<br />

beide.<br />

Ich beschwöre dich also, niemals weder offen noch heimlich <strong>von</strong> irgend<br />

jemand lieblos zu reden. Hüte dich, deinen Mitmenschen fälschlich Verbrechen<br />

und Sünden anzudichten, heimlichen nachzuspüren, bestehende<br />

zu vergrößern, gute Handlungen schlecht auszulegen und das Gute,<br />

das du an jemand kennst, in Abrede zu stellen, durch Bosheit zu verdrehen<br />

und durch Worte herabzusetzen.<br />

Mit all dem würdest du <strong>Gott</strong> ernsthaft beleidigen, besonders dann,<br />

wenn du den Nächsten zu Unrecht beschuldigst oder zu seinem Schaden<br />

<strong>die</strong> Wahrheit verneinst. Lügen zum Nachteil des Nächsten <strong>ist</strong> doppelte<br />

Sünde.<br />

Besonders raffiniert wirkt das Gift der lieblosen Rede, wenn man ihr<br />

ehrende Worte vorausschickt oder sie mit Freundlichkeiten und Scherzworten<br />

spickt. „Ich habe ihn gewiß gern, er <strong>ist</strong> ja auch ein feiner Mensch,<br />

aber um <strong>die</strong> Wahrheit zu sagen, er tat unrecht, eine solche Gemeinheit zu<br />

begehen.“ <strong>–</strong> „Sie <strong>ist</strong> gewiß ein anständiges Mädchen, aber sie <strong>ist</strong> eben<br />

überrumpelt worden“, und ähnliche Redewendungen. Merkst du <strong>die</strong> Hinterl<strong>ist</strong>?<br />

Wer mit dem Bogen schießen will, zieht zuerst den Pfeil mit aller<br />

Kraft zurück, um ihn dann mit umso größerer Wucht abzuschießen. So<br />

erwecken auch <strong>die</strong>se Lästerzungen zunächst den Eindruck, ihre lieblosen<br />

Reden zurückzuhalten, um sie dann desto kräftiger loszulassen, damit<br />

sie recht tief in das Herz der Zuhörer eindringen.<br />

Die witzige Lieblosigkeit <strong>ist</strong> <strong>die</strong> grausamste <strong>von</strong> allen. Der Schierling <strong>ist</strong><br />

an sich kein gefährliches Gift; er wirkt sehr langsam und man kann leicht<br />

Gegenmittel anwenden. Mit Wein genommen <strong>ist</strong> er aber ein tödliches<br />

Gift, gegen das es keine Rettung gibt. So geht auch <strong>die</strong> üble Nachrede bei<br />

einem Ohr hinein, beim anderen hinaus, wie man sagt; sie bleibt aber im<br />

Gedächtnis der Zuhörer haften, wenn sie in geschickter, witziger Form<br />

gebracht wird. „Sie haben Natterngift auf ihren Lippen“, sagt David (Ps<br />

12,5; 140,4). Der Biß der Natter <strong>ist</strong> fast unsichtbar, ihr Gift wirkt zuerst<br />

angenehm, so daß sich Herz und Gefäße erweitern und das Gift aufnehmen,<br />

gegen das es kein Heilmittel mehr gibt.<br />

Sag nicht: „Der <strong>ist</strong> ein Trunkenbold“, wenn du ihn einmal betrunken<br />

gesehen hast; oder „Der <strong>ist</strong> ein Ehebrecher“, weil du ihn einmal sündigen<br />

sahst, noch nenne einen Blutschänder, den du in <strong>die</strong>ser unseligen Verirrung<br />

antrafst. Eine einzige Tat rechtfertigt nicht eine solche Bezeichnung.

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