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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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I,5<br />

41<br />

der Sünde abkehren, alles entfernen und herausschneiden, was der <strong>Gott</strong>esliebe<br />

hinderlich und schädlich <strong>ist</strong>. 1 Sind wir <strong>von</strong> den unreinen Säften<br />

gereinigt, so <strong>ist</strong> <strong>die</strong>s der Anfang unserer Genesung.<br />

Der hl. Paulus wurde in einem Augenblick und vollständig geläutert;<br />

ebenso <strong>die</strong> hl. Katharina <strong>von</strong> Genua, Magdalena, Pelagia und einige andere.<br />

Eine derart plötzliche Läuterung <strong>ist</strong> ein Wunder und in der Gnadenordnung<br />

so außergewöhnlich, wie etwa <strong>die</strong> Erweckung eines Toten in<br />

der Ordnung der Natur; wir dürfen sie also nicht anstreben. Gewöhnlich<br />

geschieht <strong>die</strong> Genesung des Leibes wie der Seele nur allmählich, Schritt<br />

für Schritt, <strong>von</strong> Stufe zu Stufe, mit großem Aufwand an Mühe und Zeit.<br />

Die Engel auf der Jakobsleiter haben Flügel, sie fliegen aber nicht,<br />

sondern steigen <strong>die</strong> Stufen auf und ab, eine nach der anderen. Eine Seele,<br />

<strong>die</strong> <strong>von</strong> der Sünde zur Frömmigkeit emporsteigt, wird mit der Morgenröte<br />

verglichen (Spr 4,18), <strong>die</strong> nicht plötzlich, sondern nur allmählich <strong>die</strong><br />

Finsternis vertreibt. Eine Heilung, <strong>die</strong> nur langsam vor sich geht, bezeichnet<br />

der Volksmund als <strong>die</strong> sicherste. Die Krankheiten der Seele wie<br />

des Leibes kommen wie zu Pferd im Galopp, ziehen aber zu Fuß und im<br />

Schritt ab.<br />

Bei <strong>die</strong>sem Beginnen mußt du also Mut und Geduld haben. Wie bedauernswert<br />

sind doch Menschen, <strong>die</strong> nach anfänglichem Bemühen um <strong>die</strong><br />

Frömmigkeit merken, daß sie noch mit verschiedenen Unvollkommenheiten<br />

behaftet sind, darüber unruhig, verwirrt und mutlos werden<br />

und nahe daran sind, alles aufzugeben und sich wieder der Sünde zu<br />

überlassen!<br />

Andererseits <strong>ist</strong> für manche Menschen eine entgegengesetzte Versuchung<br />

gefährlich; sie reden sich selbst ein, daß sie schon vom ersten Tag<br />

an <strong>von</strong> allen Unvollkommenheiten frei seien; sie glauben fertig zu sein,<br />

ehe sie richtig angefangen haben; sie setzen zum Flug an, bevor ihnen<br />

Flügel gewachsen sind. In welcher Gefahr eines Rückfalls schweben doch<br />

solche Menschen, weil sie sich zu früh den Händen des Arztes entzogen<br />

haben! „Steh nicht auf, bevor es Tag geworden“, sagt der Prophet; „steh<br />

erst auf, nachdem du ausgeruht“ (Ps 127,2). Er hielt sich selbst daran; da<br />

er schon gewaschen und gereinigt war, betete er darum, es noch mehr zu<br />

werden (Ps 51,4).<br />

Das Bemühen um <strong>die</strong> Reinigung unserer Seele kann und soll nur mit<br />

unserem Leben ein Ende finden. Regen wir uns also nicht auf über unsere<br />

Unvollkommenheiten: unsere Vollkommenheit besteht eben darin, daß

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