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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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I,2<br />

nen den Märtyrern wie Blumen und Düfte, eben weil sie fromm waren.<br />

Wenn nun <strong>die</strong> Frömmigkeit den schlimmsten Qualen und sogar dem Tod<br />

ihre Bitterkeit nimmt, was wird dann erst ihre Wirkung auf <strong>die</strong> Werke<br />

der Tugend sein!<br />

Der Zucker süßt unreife Früchte. Er nimmt aber auch reifen Früchten<br />

das Herbe oder Schädliche. Ebenso nimmt <strong>die</strong> Frömmigkeit der Abtötung<br />

das Bittere, verhindert aber auch, daß <strong>die</strong> ge<strong>ist</strong>lichen Freuden ihr<br />

schaden. Sie nimmt den Armen ihren Kummer, den Reichen <strong>die</strong> Gier, den<br />

Bedrängten <strong>die</strong> Trostlosigkeit, den vom Schicksal Begünstigten <strong>die</strong> Anmaßung;<br />

sie überwindet <strong>die</strong> Traurigkeit der Einsamen und <strong>die</strong> Ausgelassenheit<br />

in der Gesellschaft. Sie <strong>ist</strong> wie das Feuer im Winter, wie kühler Tau<br />

im Sommer. Sie weiß im Reichtum zu leben und sich in Armut zu schicken;<br />

Achtung und Verachtung sind ihr gleicherweise nützlich; sie nimmt<br />

mit gleicher Gelassenheit Freude und Schmerz hin. Zu all dem verleiht<br />

sie der Seele eine wunderbare Anmut.<br />

Betrachte <strong>die</strong> Jakobsleiter (Gen 28,12); sie <strong>ist</strong> ein treffendes Bild des<br />

frommen Lebens. Die beiden Holme stellen das Gebet dar, das uns <strong>die</strong><br />

<strong>Gott</strong>esliebe erbittet, und <strong>die</strong> Sakramente, <strong>die</strong> sie uns mitteilen. Die Sprossen<br />

der Leiter sind <strong>die</strong> verschiedenen Stufen der <strong>Liebe</strong>, auf denen man<br />

<strong>von</strong> Tugend zu Tugend gelangt; auf ihnen steigt man herab, um den Mitmenschen<br />

zu helfen und sie zu ertragen, oder steigt empor (durch <strong>die</strong><br />

Beschauung) zur <strong>Liebe</strong>svereinigung mit <strong>Gott</strong>.<br />

Betrachte jene, <strong>die</strong> auf der Leiter stehen: Es sind Menschen mit Engelherzen<br />

oder Engel mit menschlicher Gestalt. Sie sind nicht jung, sehen<br />

aber kraftvoll und gelenkig aus; sie haben Flügel, um sich durch das<br />

heilige Gebet zu <strong>Gott</strong> zu erheben, aber auch Füße, um mit den Menschen<br />

zu verkehren in heiligem, liebenswürdigem Wandel. Ihr Antlitz <strong>ist</strong> schön<br />

und heiter, sie nehmen alles in Ruhe und Sanftmut an. Das Haupt, <strong>die</strong><br />

Füße und Arme sind unbedeckt, weil ihre Gedanken, Wünsche und Handlungen<br />

kein anderes Ziel verfolgen, als <strong>Gott</strong> zu gefallen. Im übrigen <strong>ist</strong><br />

ihr Körper bedeckt mit einem schönen, leichten Gewand, weil sie sich<br />

wohl der Welt und ihrer Güter be<strong>die</strong>nen, aber in ganz reiner und gerader<br />

Absicht, und nur gebrauchen, was ihr Stand verlangt. Das sind <strong>die</strong> frommen<br />

Menschen.<br />

Glaube mir, <strong>die</strong> Frömmigkeit <strong>ist</strong> das Schönste, was es gibt. Sie <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />

Königin der Tugenden, <strong>die</strong> Vollendung der <strong>Liebe</strong>. Ist <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> eine Pflanze,<br />

dann <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Frömmigkeit ihre Blüte; <strong>ist</strong> sie ein Edelstein, dann <strong>ist</strong> <strong>die</strong>

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