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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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232<br />

IV,13<br />

strebe, <strong>die</strong> in einem festen und entschlossenen, stets bereiten und tätigen<br />

Willen besteht, alles auszuführen, was sie als <strong>Gott</strong> wohlgefällig erkennt.<br />

Ein Kind wird weinen, wenn es sieht, wie man der Mutter mit einem<br />

Schnitt zur Ader läßt; verlangt aber <strong>die</strong> Mutter zur gleichen Zeit <strong>von</strong> ihm<br />

einen Apfel oder ein Stück Zucker, das es in der Hand hält, so wird es<br />

nichts da<strong>von</strong> hergeben. So sind auch zume<strong>ist</strong> <strong>die</strong>se zärtlichen Frömmeleien:<br />

man weint und schluchzt, wenn man das Herz Jesu <strong>von</strong> einer Lanze<br />

durchbohrt sieht. Ja, es <strong>ist</strong> gewiß schön, wenn man das bittere Leiden und<br />

Sterben unseres Herrn und Erlösers beweint; aber warum geben wir ihm<br />

nicht den Apfel, den wir in der Hand halten, den er <strong>von</strong> uns so inständig<br />

verlangt, nämlich unser Herz, den einzigen <strong>Liebe</strong>sapfel, den <strong>die</strong>ser treue<br />

Heiland <strong>von</strong> uns fordert? Warum verzichten wir nicht auf <strong>die</strong> kleinen<br />

Neigungen, Freuden und Befriedigungen, <strong>die</strong> er uns aus der Hand nehmen<br />

möchte und nicht kann, weil sie unsere Süßigkeit sind, nach der wir<br />

gieriger verlangen als nach seiner himmlischen Gnade? Ach, das sind<br />

Freundschaften <strong>von</strong> kleinen Kindern, zärtlich aber schwach, phantastisch<br />

aber wirkungslos! Die Frömmigkeit besteht nicht in <strong>die</strong>sen Zärtlichkeiten,<br />

in <strong>die</strong>sem Gefühlsüberschwang; das alles entstammt zuweilen einem<br />

weichen und empfindsamen Charakter, zuweilen kommt es vom bösen<br />

Feind; er will, daß wir damit herumtändeln, deshalb erregt und erhitzt er<br />

unsere Phantasie so lange, bis sie <strong>die</strong>se Wirkungen hervorbringt.<br />

2. Diese zärtlichen <strong>Liebe</strong>sregungen sind aber zuweilen doch sehr gut<br />

und nützlich. Sie wecken den Hunger der Seele, stärken den Ge<strong>ist</strong> und<br />

fügen zur Bereitschaft der Frömmigkeit noch heilige Freude und inneren<br />

Jubel hinzu, <strong>die</strong> unseren Handlungen Schönheit und Anmut nach außen<br />

verleihen.<br />

Freude an göttlichen Dingen meint David, wenn er betet: „Herr, Deine<br />

Worte sind süß meinem Mund, süßer als Honig meinem Gaumen“ (Ps<br />

119,103). Ja, <strong>die</strong> geringste Regung der Freude in der Frömmigkeit wiegt<br />

in jeder Hinsicht <strong>die</strong> glänzendsten Vergnügungen auf, wie sie <strong>die</strong> Welt<br />

bieten kann. Köstlicher als der kostbarste Wein irdischer Freuden <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />

Milch, d. h. <strong>die</strong> Gunst des göttlichen Bräutigams (vgl. Hld 1,1). Wer sie<br />

verkostet hat, dem sind alle anderen Freuden wie Galle und Wermut.<br />

Wer Skythenkraut im Mund hat, empfindet es so angenehm, daß er weder<br />

Hunger noch Durst verspürt. So kann auch jener, dem <strong>Gott</strong> <strong>die</strong>ses himmlische<br />

Manna innerer Süßigkeit und Freude zu kosten gab, <strong>die</strong> Freuden

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