Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
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II,18<br />
95<br />
18. Kapitel<br />
Die Einsprechungen.<br />
Einsprechungen nennen wir <strong>die</strong> inneren Antriebe, Regungen und Mahnungen,<br />
<strong>die</strong> Gewissensbisse, das Licht und <strong>die</strong> Erkenntnisse, <strong>die</strong> <strong>Gott</strong> in<br />
uns bewirkt. Er kommt unserem Herzen in seiner väterlichen <strong>Liebe</strong> und<br />
Sorge mit seinen Segnungen zuvor (Ps 21,3), um uns zu den heiligen<br />
Tugenden anzuspornen, zur göttlichen <strong>Liebe</strong>, zu guten Entschlüssen anzuregen<br />
und zu drängen: mit einem Wort zu allem, was unserem ewigen<br />
Heil frommt. Das nennt der göttliche Bräutigam „an <strong>die</strong> Tür klopfen“(Hld<br />
2,5), dem Herzen der Braut zusprechen (Jes 40,2; Hos 2,14), sie aufwekken,<br />
wenn sie schläft (Hld 5,2), sie rufen und wieder rufen, wenn sie<br />
abwesend <strong>ist</strong> (ebd. 2,10ff), sie zum Honig, zum Pflücken der Äpfel und<br />
Blumen im Garten einladen (ebd. 5,1; 6,1), singen und seine liebliche<br />
Stimme an ihr Ohr dringen lassen (ebd. 2,14).<br />
Zu einer Eheschließung sind für ein Mädchen, das heiraten will, drei<br />
Dinge notwendig: erstens schlägt man ihr einen Mann vor, zweitens billigt<br />
es den Vorschlag, drittens nimmt es ihn an.<br />
Wenn <strong>Gott</strong> in uns, durch uns und mit uns ein großes Werk der <strong>Liebe</strong><br />
vollbringen will, dann schlägt er es uns zuerst durch <strong>die</strong> Einsprechung<br />
vor, wir heißen es gut und schließlich stimmen wir zu. Wie wir zur Sünde<br />
auf drei Stufen hinabsteigen <strong>–</strong> durch <strong>die</strong> Versuchung, <strong>die</strong> Freude an ihr<br />
und endlich <strong>die</strong> Zustimmung, <strong>–</strong> so steigen wir auch auf drei Stufen zur<br />
Tugend empor: durch <strong>die</strong> Einsprechung, <strong>die</strong> das Gegenstück zur Versuchung<br />
<strong>ist</strong>, durch <strong>die</strong> Freude an der Einsprechung, das Gegenstück zur<br />
Freude an der Versuchung, und schließlich durch <strong>die</strong> Zustimmung zur<br />
Einsprechung, <strong>die</strong> das Gegenstück zur Einwilligung in <strong>die</strong> Versuchung<br />
<strong>ist</strong>.<br />
Hielte eine Einsprechung <strong>die</strong> ganze Zeit unseres Lebens an, so wären<br />
wir <strong>Gott</strong> doch keineswegs wohlgefällig, wenn wir an ihr keine Freude<br />
hätten. lm Gegenteil, das wäre eine Beleidigung der göttlichen Majestät<br />
gleich jener, als <strong>Gott</strong> <strong>die</strong> lsraeliten 40 Jahre lang zur Bekehrung aufrief<br />
und sie nicht hören wollten, so daß er in seinem Zorn schwur: „Nicht<br />
sollen sie in meine Ruhestätte kommen“ (Ps 95,11). <strong>–</strong> Wenn ein Mann<br />
einem Mädchen lang seine Zuneigung gezeigt, ohne daß es <strong>von</strong> einer Ehe<br />
schließlich etwas wissen wollte, dann wäre er darüber gewiß sehr ungehalten.