Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
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zu pflegen. Ebenso soll man sich nicht sehnen nach Mitteln, <strong>Gott</strong> zu<br />
<strong>die</strong>nen, <strong>die</strong> man nicht hat, vielmehr jene gewissenhaft gebrauchen, <strong>die</strong><br />
uns zur Verfügung stehen. <strong>–</strong> Allerdings spreche ich hier <strong>von</strong> einer Sehnsucht,<br />
mit der man sich abgibt; einfache Wünsche schaden ja nicht, wenn<br />
sie nicht häufig sind.<br />
Sehne dich nur in dem Maß nach Kreuzen, als du jene gut getragen hast,<br />
<strong>die</strong> dir bisher auferlegt wurden. Es <strong>ist</strong> ein Unfug, sich nach dem Martertod<br />
zu sehnen, wenn man nicht den Mut hat, eine Beleidigung zu ertragen.<br />
Der böse Feind flößt uns eine mächtige Sehnsucht nach fernen Dingen<br />
ein, <strong>die</strong> niemals geschehen werden, um unseren Ge<strong>ist</strong> <strong>von</strong> dem abzulenken,<br />
was wir jetzt zu tun haben oder was uns viel nützen könnte, wenn<br />
es auch unscheinbar <strong>ist</strong>. Wir kämpfen in der Phantasie gegen <strong>die</strong> afrikanischen<br />
Ungeheuer und lassen uns <strong>von</strong> den kleinen Schlangen am Weg<br />
töten, weil wir ihrer nicht achten. Wünsche dir keine Versuchungen; das<br />
wäre Anmaßung. Begnüge dich damit, sie mutig zu erwarten und dich<br />
gegen sie zu wehren, wenn sie kommen.<br />
Vielerlei Speisen, besonders wenn sie in großen Mengen genossen werden,<br />
beschweren den Magen; wenn er schwach <strong>ist</strong>, geht er daran zugrunde.<br />
Beschwere auch deine Seele nicht mit vielerlei Wünschen, sie schaden<br />
ihr nur; nicht einmal mit ge<strong>ist</strong>lichen Wünschen, denn sie hemmen deinen<br />
Fortschritt.<br />
Wenn <strong>die</strong> Seele gereinigt <strong>ist</strong> und sich <strong>von</strong> allen schlechten Stimmungen<br />
befreit fühlt, hat sie einen großen Appetit nach ge<strong>ist</strong>licher Nahrung; wie<br />
ausgehungert sehnt sie sich nach tausenderlei Übungen der Frömmigkeit,<br />
der Abtötung, Buße und Demut, der <strong>Liebe</strong> und des Gebetes. Es <strong>ist</strong><br />
gewiß ein erfreuliches Zeichen, wenn du solchen Appetit hast; sieh aber<br />
zu, ob du das alles auch verdauen kannst. Wähle also nach den Weisungen<br />
deines ge<strong>ist</strong>lichen Vaters unter all <strong>die</strong>sen Wünschen jene aus, <strong>die</strong> du jetzt<br />
verwirklichen kannst, und führe sie gut aus. <strong>Gott</strong> wird dir nachher wieder<br />
andere schicken, <strong>die</strong> du zu ihrer Zeit aufgreifen sollst. So verlierst du<br />
deine Zeit nicht mit unnützen Wünschen.<br />
Ich sage nicht, daß man alle guten Wünsche fallen lassen, sondern daß<br />
man sie regeln soll. Die man jetzt nicht ausführen kann, soll man in einem<br />
Winkel des Herzens zurückstellen, bis ihre Zeit gekommen <strong>ist</strong>, und inzwischen<br />
jene ausführen, <strong>die</strong> reif und jetzt zeitgemäß sind. Das sage ich<br />
nicht nur für <strong>die</strong> ge<strong>ist</strong>lichen, sondern auch für alle irdischen Wünsche;<br />
sonst leben wir nur in Unruhe und Aufregung.