24.11.2013 Aufrufe

Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

III,6<br />

125<br />

gleichzeitig abstoßend macht, dann werde ich mich wohl um <strong>die</strong> Heilung<br />

bemühen, nicht aber darum, <strong>die</strong>se Erniedrigung vergessen zu machen,<br />

<strong>die</strong> mir daraus erwächst. Habe ich eine Unschicklichkeit begangen, <strong>die</strong><br />

niemand kränkte, dann werde ich mich nicht entschuldigen; wenn es<br />

auch ein Fehler war, so blieb er doch ohne ernste Folgen. Eine Entschuldigung<br />

<strong>die</strong>nte nur dazu, der nachfolgenden Erniedrigung zu entgehen;<br />

das kann aber <strong>die</strong> Demut nicht zulassen. Habe ich aber aus Unachtsamkeit<br />

oder Ungeschick jemand eine Beleidigung oder Ärger zugefügt, dann<br />

werde ich es durch eine aufrichtige Entschuldigung wieder gut zu machen<br />

versuchen; denn hier hat mein Fehler Folgen und <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> verpflichtet<br />

mich, sie zu beseitigen.<br />

Die <strong>Liebe</strong> verlangt übrigens zuweilen, daß wir <strong>die</strong> Demütigung nicht<br />

auf uns ruhen lassen, wenn <strong>von</strong> unserem guten Ruf das Wohl des Nächsten<br />

abhängt. Entziehen wir uns in <strong>die</strong>sem Fall der Geringschätzung in<br />

den Augen des Nächsten, um kein Ärgernis zu geben, so müssen wir sie<br />

um so mehr unserem Herzen einprägen und darin bewahren, damit es<br />

daraus Nutzen ziehe.<br />

Du fragst nach den wertvollsten Erniedrigungen. Ich sage dir ganz offen:<br />

Der Seele am nützlichsten und <strong>Gott</strong> am wohlgefälligsten sind jene, <strong>die</strong><br />

uns unerwartet und aus den Lebensumständen zustoßen; <strong>die</strong> haben wir<br />

uns nicht ausgesucht, sondern nehmen sie so an, wie <strong>Gott</strong> sie uns schickt,<br />

der seine Wahl immer besser trifft als wir. Wenn wir aber <strong>die</strong> Wahl haben,<br />

dann gelten <strong>die</strong> größten als <strong>die</strong> wertvollsten; <strong>die</strong> größten aber sind jene,<br />

<strong>die</strong> am me<strong>ist</strong>en unseren Neigungen widersprechen, vorausgesetzt, daß sie<br />

nicht im Widerspruch zu unserem Beruf stehen. Ein- für allemal sei<br />

gesagt, daß unsere eigene Wahl und Einschätzung fast alle Tugenden verdirbt<br />

und im Wert mindert. Wer wird uns <strong>die</strong> Gnade schenken, daß wir<br />

mit dem großen König sagen können: „Ich habe es vorgezogen, im Hause<br />

<strong>Gott</strong>es verachtet zu weilen, als in den Zelten der Sünder zu wohnen“ (Ps<br />

84,11)? Das kann nur einer: Er, der <strong>–</strong> um uns zu erhöhen <strong>–</strong> so lebte und<br />

starb, daß er „den Menschen zum Abscheu und dem Volk zum Gespött<br />

wurde“ (Ps 22,7).<br />

Ich habe dir vieles gesagt, was deinem Verstand hart erscheinen wird;<br />

aber glaube mir, es wird dir süßer als Zucker und Honig sein, wenn du es<br />

übst. 1

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!