Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
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III,3<br />
Leid mehr, das gute Menschen zufügen, und ihre Gegnerschaft <strong>ist</strong> viel<br />
schwerer zu ertragen als jede andere; und doch geschieht es oft, daß gute<br />
Menschen, beide guten Willens, durch <strong>die</strong> Verschiedenheit ihrer Ansichten<br />
einander große Schwierigkeiten und viel Leid bereiten.<br />
Ertrage nicht nur das Leid als solches, sondern auch alle seine Umstände.<br />
Manche möchten das Leid annehmen, nicht aber <strong>die</strong> damit verbundenen<br />
Unannehmlichkeiten. Der eine sagt: „Es macht mir nichts aus, daß<br />
ich arm geworden bin, wenn es mich nicht hinderte, meinen Freunden<br />
Dienste zu erweisen, meine Kinder gut zu erziehen und standesgemäß zu<br />
leben, wie ich wünschte.“ Ein anderer: „Ich würde mir darum keinen<br />
Kummer machen, wenn man nicht dächte, ich sei schuld daran.“ Einem<br />
dritten wäre es gleich, daß man schlecht <strong>von</strong> ihm spricht, er würde das<br />
geduldig ertragen, wenn nur keiner <strong>die</strong>ser üblen Nachrede Gehör schenkte.<br />
Andere wollen wohl einen Teil der Unannehmlichkeiten ihres Leides<br />
auf sich nehmen, aber nicht alle: nicht das Kranksein macht sie ungeduldig,<br />
sondern daß sie kein Geld haben, sich pflegen zu lassen, oder auch<br />
daß sie ihrer Umgebung zur Last fallen. Ich sage aber: Man muß nicht<br />
nur das Kranksein ertragen, sondern auch <strong>die</strong> Art der Krankheit, wie<br />
<strong>Gott</strong> sie will, wo er sie will, bei welchen Menschen und mit allen Unannehmlichkeiten,<br />
<strong>die</strong> er will. Und so müssen wir auch jedes andere Leid<br />
ertragen.<br />
Stößt dir ein Übel zu, dann wende dagegen <strong>die</strong> Heilmittel an, <strong>die</strong> möglich<br />
und <strong>von</strong> <strong>Gott</strong> erlaubt sind. Wer anders handelt, versucht <strong>Gott</strong>. Hast<br />
du getan, was in deinen Kräften steht, dann erwarte ganz ergeben, welchen<br />
Erfolg <strong>Gott</strong> deinem Bemühen bescheiden wird. Ist es sein Wille,<br />
daß <strong>die</strong> Heilmittel das Übel beseitigen, dann danke ihm demütig dafür;<br />
gefällt es ihm aber, daß das Übel stärker <strong>ist</strong> als <strong>die</strong> Heilmittel, dann<br />
opfere es in aller Geduld <strong>Gott</strong> auf.<br />
Ich folge hier dem Rat des hl. Gregor: Wirst du mit Recht eines Fehlers<br />
beschuldigt, den du begangen hast, so gestehe demütig, daß du <strong>die</strong>se<br />
Anklage ver<strong>die</strong>nst. Ist <strong>die</strong> Beschuldigung falsch, so verteidige dich ruhig<br />
und verneine deine Schuld; das b<strong>ist</strong> du der Ehrfurcht vor der Wahrheit<br />
und der Erbauung des Nächsten schuldig. Fährt man aber fort, dich zu<br />
beschuldigen, obwohl du den wahren Sachverhalt dargelegt hast, dann<br />
rege dich nicht darüber auf und versuche nicht mit deiner Entschuldigung<br />
durchzudringen; nachdem du deine Pflicht der Wahrheit gegenüber<br />
erfüllt hast, mußt du sie auch der Demut gegenüber erfüllen. So wirst du