Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
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IV,12<br />
und Mutes und zerschlägt ihre Kraft. Sie <strong>ist</strong> wie ein strenger Winter, der<br />
alle Schönheit der Erde gleichsam hinwegrafft und alles Lebende erstarren<br />
läßt; mit einem Wort: sie nimmt der Seele alle Anmut, lähmt und<br />
entkräftet sie in all ihren Fähigkeiten.<br />
Sollte es dir jemals zustoßen, <strong>von</strong> <strong>die</strong>ser schlechten Traurigkeit befallen<br />
zu werden, dann wende folgende Heilmittel an: „Wer traurig <strong>ist</strong>“, sagt<br />
der hl. Jakobus (5,13), „der bete.“ Das Gebet <strong>ist</strong> ein unübertreffliches<br />
Mittel, denn es erhebt unseren Ge<strong>ist</strong> zu <strong>Gott</strong>, unserer einzigen Freude,<br />
unserem einzigen Trost. Dein Gebet aber bestehe in innerlichen oder<br />
auch ausgesprochenen Worten und Affekten, <strong>die</strong> auf <strong>Gott</strong>vertrauen und<br />
<strong>Gott</strong>esliebe abzielen, wie: „Barmherziger <strong>Gott</strong>! Mein gütiger <strong>Gott</strong>! Mein<br />
lieber, gütiger Jesus! Du <strong>Gott</strong> meines Herzens! Meine Freude, meine<br />
Hoffnung! Geliebter meiner Seele!“ und ähnliche.<br />
Bekämpfe lebhaft den Hang zur Traurigkeit! Gib keine Übung auf,<br />
selbst wenn es dir scheint, als verrichtest du in <strong>die</strong>ser Zeit alles freudlos,<br />
lässig und kalt. Der böse Feind will uns durch <strong>die</strong> Traurigkeit dahin bringen,<br />
daß wir in der Übung des Guten nachlassen; sieht er aber, daß wir<br />
trotzdem ausharren, ja daß unsere Werke nur wertvoller werden, weil wir<br />
sie trotz inneren Widerstrebens ausführen, dann hört er bald auf, uns<br />
damit zu plagen.<br />
Singe fromme Lieder. Dadurch <strong>ist</strong> der böse Feind schon oft vertrieben<br />
worden. So wurde durch Psalmengesang das Ungestüm des bösen Ge<strong>ist</strong>es<br />
bezähmt, <strong>von</strong> dem Saul besessen war (vgl. 1 Sam 16,14ff).<br />
Es <strong>ist</strong> auch gut, sich mit körperlichen Arbeiten zu beschäftigen, und<br />
zwar mit verschiedenartigen, um dadurch den Ge<strong>ist</strong> vom Gegenstand der<br />
Traurigkeit abzulenken, ihn zu klären und zu erneuern, denn <strong>die</strong> Traurigkeit<br />
<strong>ist</strong> <strong>von</strong> Natur aus eine kalte und unfruchtbare Leidenschaft.<br />
Gib dich äußeren Werken des Eifers hin, auch wenn du sie gefühllos<br />
ausführst. Umfange das Kreuz, drücke es an <strong>die</strong> Brust, küsse Hände und<br />
Füße des Gekreuzigten, erhebe Augen und Hände zum Himmel, während<br />
du dein Herz durch Worte der <strong>Liebe</strong> und des Vertrauens zu <strong>Gott</strong><br />
emporschwingst, z. B. durch <strong>die</strong>se: „Mein Geliebter <strong>ist</strong> mein und ich bin<br />
sein“ (Hld 2,16). „Mein Geliebter <strong>ist</strong> mir wie ein Myrrhenstrauß, ich<br />
halte ihn umfangen“ (Hld 1,12). „Meine Augen sind auf Dich geheftet,<br />
mein <strong>Gott</strong>; wann wirst Du mich trösten?“ (Ps 119,82). „Jesus, sei mir<br />
Jesus! Es lebe Jesus, und meine Seele wird leben.“ „Wer wird mich <strong>von</strong><br />
der <strong>Liebe</strong> meines <strong>Gott</strong>es trennen? ‘’ (Röm 8,35) und ähnliche kurze<br />
Gebete.