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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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III,7<br />

127<br />

Wahren wir also unsere Tugenden, weil sie <strong>Gott</strong>, dem erhabenen und<br />

höchsten Ziel all unseres Tuns, wohlgefällig sind! Will man Früchte aufbewahren,<br />

so konserviert man sie nicht nur, sondern gibt sie außerdem in<br />

geeignete Gefäße. So <strong>ist</strong> es wohl in erster Linie Aufgabe der <strong>Liebe</strong> zu<br />

<strong>Gott</strong>, in uns das Tugendleben zu bewahren, doch können wir uns auch des<br />

guten Rufes als geeignetes und brauchbares Gefäß zu <strong>die</strong>sem Zweck be<strong>die</strong>nen.<br />

Wir dürfen aber nicht hitzig, übergenau und kleinlich auf unseren Ruf<br />

bedacht sein. Wer überempfindlich um seinen Ruf besorgt <strong>ist</strong>, gleicht<br />

denen, <strong>die</strong> bei der geringsten Unpäßlichkeit gleich Medizin einnehmen.<br />

Sie wollen ihre Gesundheit erhalten, in Wirklichkeit aber zerstören sie<br />

<strong>die</strong>se nur. So werden auch jene ihren guten Ruf ganz einbüßen, <strong>die</strong> so<br />

ängstlich besorgt sind, ihn zu wahren; denn durch <strong>die</strong>se Überempfindlichkeit<br />

werden sie wunderlich, starrköpfig, unausstehlich und fordern<br />

<strong>die</strong> Bosheit der bösen Zungen heraus.<br />

Beleidigungen und Verleumdungen übersehen und verachten, hilft<br />

me<strong>ist</strong> mehr gegen sie als Ärger, Streit und Rache. Die Verachtung macht<br />

sie unwirksam; wird man aber zornig, so scheint man ihnen eine gewisse<br />

Berechtigung zuzugestehen. Krokodile schaden nur denen, <strong>die</strong> sie fürchten,<br />

und <strong>die</strong> üble Nachrede nur solchen, <strong>die</strong> sich darüber aufregen.<br />

Übermäßige Furcht, den guten Ruf zu verlieren, bezeugt ein großes<br />

Mißtrauen gegen seine Grundlagen, <strong>die</strong> in einem wirklich guten Leben<br />

bestehen. In Städten, wo Holzbrücken über <strong>die</strong> Flüsse führen, muß man<br />

bei jedem Hochwasser fürchten, daß sie fortgerissen werden; bei Steinbrücken<br />

dagegen braucht man nur außergewöhnlich schwere Überschwemmungen<br />

zu fürchten. So fürchtet auch eine chr<strong>ist</strong>liche Seele für<br />

gewöhnlich nicht den Redeschwall böser Zungen; wer aber seinen Ruf<br />

schwach begründet weiß, dem bereitet alles Unruhe. Wer einen guten<br />

Ruf bei allen haben will, der verliert ihn bei allen; und wer auch bei<br />

lasterhaften und gewissenlosen Menschen gut angesehen sein will, ver<strong>die</strong>nt<br />

es, seinen ehrlichen Ruf zu verlieren.<br />

Der gute Ruf <strong>ist</strong> nur ein Wahrzeichen, das anzeigt, wo <strong>die</strong> Tugend wohnt;<br />

<strong>die</strong> Tugend selbst muß ihm in allem und überall vorgezogen werden. Wenn<br />

man also sagt, du se<strong>ist</strong> ein Heuchler, weil du fromm sein willst, wenn<br />

man dich für feige hält, weil du Beleidigungen verzeihst, so lache darüber!<br />

Denn erstens werden solche Urteile <strong>von</strong> albernen und dummen Leuten<br />

gefällt, zweitens darf man nicht <strong>von</strong> der Tugend lassen, selbst wenn<br />

der gute Ruf verloren ginge; <strong>die</strong> Frucht <strong>ist</strong> doch den Blättern, das innere

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