Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
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III,3<br />
113<br />
einmal gute Menschen sind; sie geben sich wohl großartig in Worten,<br />
erhaben im Reden, weniger aber in der Gesinnung und in den Werken.<br />
Trotzdem dürfen wir nichts verachten, nichts ungerecht verurteilen,<br />
über nichts ungerecht nörgeln. Preisen wir <strong>Gott</strong> für <strong>die</strong> Erhabenheit der<br />
anderen, für unseren Teil aber bleiben wir bescheiden auf unserem niedrigen,<br />
gewöhnlichen aber sicheren Weg; er <strong>ist</strong> zwar weniger glänzend,<br />
aber unserem Ungenügen und unserer geringen Bedeutung angemessener.<br />
Gehen wir auf <strong>die</strong>sem Weg demütig und gewissenhaft weiter, dann<br />
wird uns <strong>Gott</strong> zu erhabener Größe führen.<br />
3. Kapitel<br />
Vom om Ertragen.<br />
„Euch tut Geduld not, damit ihr nach Erfüllung des göttlichen Willens<br />
<strong>die</strong> Verheißung erlangt“ (Hebr 10,36). Ja, denn „durch <strong>die</strong> Geduld wirst<br />
du <strong>von</strong> deiner Seele Besitz ergreifen“, spricht der Herr (Lk 21,19). Darin<br />
liegt das große Glück des Menschen, wenn er <strong>von</strong> seiner Seele Besitz<br />
ergriffen hat. Je vollkommener unsere Geduld <strong>ist</strong>, desto vollkommener<br />
besitzen wir unsere Seele.<br />
Denke oft daran, daß der Heiland uns durch Leiden und Dulden erlöst<br />
hat; auch wir können unser Heil nur wirken durch Leiden und Kummer,<br />
durch möglichst geduldiges Ertragen der Schwierigkeiten, Widerwärtigkeiten<br />
und Unannehmlichkeiten.<br />
Begnüge dich nicht mit dem Ertragen <strong>die</strong>ser oder jener Widerwärtigkeit,<br />
sondern sei bereit, alles zu erdulden, was <strong>Gott</strong> schickt oder zuläßt.<br />
Manche möchten nur ehrenvolles Leid auf sich nehmen, z. B. im Krieg<br />
verwundet oder gefangen, für <strong>die</strong> Religion verfolgt werden oder in einem<br />
siegreichen Prozeß verarmen. Sie lieben nicht das Leid, sondern den<br />
Ruhm, den es mit sich bringt. Der wahre Dulder, der wahre Diener <strong>Gott</strong>es<br />
erträgt in gleicher Weise das schmachvolle wie das ruhmreiche Leid.<br />
Von schlechten Menschen angefeindet, getadelt und angeklagt zu werden,<br />
macht dem mutigen Mann nur Freude. Dasselbe <strong>von</strong> guten Menschen,<br />
<strong>von</strong> Freunden und Verwandten zu erfahren, das tut aber weh. Ich<br />
schätze <strong>die</strong> Ruhe des hl. Karl Borromäus, mit der er lange Zeit hindurch<br />
den öffentlichen Tadel eines strengen Ordensmannes hinnahm, höher als<br />
alle Angriffe, <strong>die</strong> er <strong>von</strong> anderen Seiten erdulden mußte. Wie <strong>die</strong> Stiche<br />
der Bienen mehr schmerzen als Mückenstiche, so schmerzt auch das