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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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die East India Company (Of India). Auch in seinen Lie<strong>de</strong>rn Memnons geht es ihm<br />

nicht so sehr um die Verwertung eines exotisch reizvollen Stoffes – wie etwa<br />

Freiligrath in <strong>de</strong>n Fragment gebliebenen Klänge(n) an Memnon, auf die sich Preyer<br />

beruft. Es geht ihm vielmehr um <strong>de</strong>n elegisch getönten Ausdruck lei<strong>de</strong>nschaftlicher<br />

Vaterlandsverbun<strong>de</strong>nheit, hinter <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verlust einstiger Freiheit und Größe steht.<br />

Unmißverständlich sind einige <strong>de</strong>r Gedichte auf das Verhältnis zwischen<br />

Österreich und Ungarn gemünzt. Die geographisch und historisch fremdartige<br />

Einkleidung ist beson<strong>de</strong>rs dort durchsichtig, wo es sich um eine ähnliche<br />

Kampfsituation han<strong>de</strong>lt, d. i. da, wo ein mächtiger <strong>de</strong>spotischer Staat noch im<br />

Vorteil ist. Der Akzent fällt dabei auf das „Noch“. Oft erscheint das antike Rom in<br />

solchen Gedichten als Beispiel für räuberische Staatspolitik. In Gedichten, wie<br />

Mithridat o<strong>de</strong>r Numantia wird es als „weltverschlingend Ungeheuer, das vom<br />

Völkerraube schwoll“ verurteilt. Über<strong>de</strong>utlich erinnern die „Aare“ Roms an das<br />

Wappentier <strong>de</strong>r Habsburger und <strong>de</strong>s russischen Zaren. Der Analyse <strong>de</strong>s Hannibal<br />

kann vorausgegriffen wer<strong>de</strong>n: Wie in manchen <strong>de</strong>r Gedichte ist auch beim<br />

Hannibal die Gleichsetzung: Rom = Österreich, Karthago/Punien = Ungarn<br />

gegeben. Aus unserer heutigen Sicht mag dies irgendwie herbeigezwungen<br />

erscheinen; Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts war diese Analogie aber nicht nur im<br />

Bewußtsein <strong>de</strong>r Liberalen verankert, son<strong>de</strong>rn so etwas wie Gemeinplatz, <strong>de</strong>r sogar<br />

in <strong>de</strong>r österreichischen Behör<strong>de</strong>nsprache auftaucht. Hans La<strong>de</strong>s verweist<br />

diesbezüglich auf das Tagebuch Kempens 55 , <strong>de</strong>s Generalinspektors <strong>de</strong>r<br />

Gendarmerie, seit Juni 1852 bis August 1859 auch Chef <strong>de</strong>r Obersten<br />

Polizeibehör<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>m von Ungarn als <strong>de</strong>m „Land <strong>de</strong>r Punier“ die Re<strong>de</strong> ist.<br />

Wie weit entfernt Preyer dabei von plakativer, eventuell einer Mo<strong>de</strong> unterworfenen<br />

Aufarbeitung war, belegen neben seinen literarischen Schriften auch einige seiner<br />

Gmun<strong>de</strong>ner Briefe an Pesty: Der sonst in privaten Dingen so <strong>zur</strong>ückhalten<strong>de</strong><br />

Preyer gewährt Einblick in sein aufgewühltes Innere:<br />

[…] Aber niemand ahnt, daß mir hier [...] in meinen Träumen das Herz fast<br />

zerspringt. Wenn aber jemand fragt, warum ich unsere Stadt verlassen habe,<br />

könnte ich zu meiner Rechtfertigung sehr ernste Ursachen anführen. Vielleicht<br />

ermöglicht es mir Schicksal, noch einmal dorthin <strong>zur</strong>ückzukehren. 56<br />

An an<strong>de</strong>rer Stelle bezeichnet er Gmun<strong>de</strong>n als sein (freiwilliges) „Exil“ 57 Es waren<br />

Jahre <strong>de</strong>r inneren Unrast, <strong>de</strong>r Erbitterung, in <strong>de</strong>nen er um Klarheit mit sich selbst<br />

und mit <strong>de</strong>n Problemen seiner engeren Heimat rang 58 . Das war <strong>de</strong>mnach die aus<br />

Erfahrung, Erkenntnis <strong>de</strong>r Realität und aus Lei<strong>de</strong>nschaftlichkeit<br />

zusammengesetzte Substanz, die Dichtung an Nährbo<strong>de</strong>n braucht.<br />

55 Hans La<strong>de</strong>s, Die Nationalitätenfrage im Karpathenraum. Der österreichische<br />

Ordnungsversuch 1848/49, Wien, 1941. S. 61 Der Hinweis auf das Tagebuch Kempens,<br />

Vorbemerkung Mayers. (von R.T. bereits im Ersten Referat, Lv. 67, S. 71 wird als wichtiges<br />

Zeitzeugnis für die Interpretation von Preyers Dichtungen berücksichtigt.) Ausf. biograph.<br />

Angaben zu Joh. F. Freiherr Kempen von Fichtenstamm bei Wurzbach.<br />

56 Preyer an Pesty, Gmun<strong>de</strong>n, 9.7.1860.<br />

57 Preyer an Pesty, Gmun<strong>de</strong>n, 12.12.1859.<br />

58 Ihren Nie<strong>de</strong>rschlag fan<strong>de</strong>n diese Überlegungen in seinen Biographischen Umrissen,<br />

von Pesty für die Veröffentlichung in <strong>de</strong>r Delejtü „bestellt“, von Basch noch eingesehen,<br />

inzwischen ebenfalls vernichtet, es sei <strong>de</strong>nn, daß das für Pesty bestimmte Zweitexemplar<br />

irgendwann auftaucht. (vgl. Anm. 2).<br />

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