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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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erinnert sowohl an das Bild, das <strong>de</strong>n Traum ausgelöst hatte, als auch an Hallers<br />

menschliche Seite, die sich an das bürgerliche Leben anzupassen versucht.<br />

Während sich Goethe die Vorwürfe Hallers anhört, beginnt er zu lächeln, wird<br />

größer, gibt seine steife Haltung auf. Sein Mund wird dabei ganz kindlich. Am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Traumes lacht Goethe und verwan<strong>de</strong>lt sich in einen uralten Mann, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n<br />

Jungschen Archetypus <strong>de</strong>s Alten Weisen erinnert.<br />

Der Traum markiert zugleich erzähltechnisch gesehen einen Wen<strong>de</strong>punkt im<br />

Leben Hallers: im Symbol <strong>de</strong>s Skorpions, schön und gefährlich zugleich, klingt die<br />

Rolle Hermines an, welche die Funktion <strong>de</strong>r Anima als Seelenführerin Harrys<br />

annehmen wird. Die ambivalente Haltung Hallers <strong>de</strong>m Skorpion gegenüber, die<br />

sowohl Angst als auch Begehren beinhaltet, zeigt seine vom Zwiespalt geprägte<br />

Einstellung <strong>zur</strong> Sinnlichkeit, welche im Laufe <strong>de</strong>s Romans korrigiert wird.<br />

Somit erfüllt <strong>de</strong>r Traum einerseits aus <strong>de</strong>r erzähltechnischen Perspektive seine<br />

Funktion in <strong>de</strong>r Voraus<strong>de</strong>utung bestimmter Ereignisse (Hesse schließt hier an die<br />

älteste und meistverwen<strong>de</strong>te Funktion <strong>de</strong>s Traumes in <strong>de</strong>r Literatur an) und<br />

an<strong>de</strong>rerseits auch seine tiefenpsychologische prospektive Funktion im Sinne<br />

Jungs, da <strong>de</strong>utlich wird, daß tief im Unbewußten Hallers sich schon die Keime für<br />

seine zukünftigen Lebensmöglichkeiten herauskristallisieren. Hesse verbin<strong>de</strong>t also<br />

die voraus<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Funktion <strong>de</strong>s Traumes, welche in <strong>de</strong>r Literatur im allgemeinen<br />

eine leserlenken<strong>de</strong> und –stimulieren<strong>de</strong> Funktion hat, mit <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r<br />

analytischen Psychologie.<br />

Auch die thematische Verbindung <strong>de</strong>s Traumes mit <strong>de</strong>r Hauptproblematik <strong>de</strong>s<br />

Steppenwolfs wird in <strong>de</strong>r Akzentuierung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Humors, in <strong>de</strong>r<br />

Behandlung <strong>de</strong>r Zeitproblematik, so wie auch in <strong>de</strong>r Vergegenwärtigung <strong>de</strong>r Welt<br />

<strong>de</strong>r Unsterblichen durch die Gestalt Goethes offensichtlich.<br />

Es wird somit <strong>de</strong>utlich, daß <strong>de</strong>r einzige Traum im Steppenwolf sowohl durch<br />

erzähltechnische Stränge <strong>de</strong>r Voraus<strong>de</strong>utung in <strong>de</strong>n Handlungsablauf eingebettet<br />

wird, als auch durch zentrale Motive <strong>de</strong>s Romans. Hinzu kommt noch als typisch<br />

mo<strong>de</strong>rnes Element <strong>de</strong>r Traumbetrachtung, daß <strong>de</strong>r Traum auf seine<br />

kompensatorische Funktion hin angelegt wur<strong>de</strong>, da er durch seine humorvolle<br />

Ten<strong>de</strong>nz die bewußte, pessimistische Lebenseinstellung Hallers ausgleicht.<br />

Schlußfolgerungen<br />

Anhand dieser Arbeit wur<strong>de</strong> versucht, die mo<strong>de</strong>rnen Elemente von Hesses<br />

Steppenwolf herauszuarbeiten und ihre enge Verquickung mit <strong>de</strong>r<br />

Tiefenpsychologie aufzuzeigen. Die Arbeit versteht sich als Versuch, <strong>de</strong>n Roman<br />

entgegen <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Ten<strong>de</strong>nz in <strong>de</strong>r Sekundärliteratur <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne<br />

zuzuordnen und damit die grundlegen<strong>de</strong> Spannung zu beleuchten, welche daraus<br />

resultiert, daß Hesse nicht nur die aktuelle Problematik <strong>de</strong>s Menschen <strong>de</strong>s 20.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts unter Zuhilfenahme mo<strong>de</strong>rner Erzähltechniken beschreibt, son<strong>de</strong>rn<br />

gleichzeitig auf die Möglichkeit einer Lösung verweist, die nirgendwo an<strong>de</strong>rs als in<br />

<strong>de</strong>r Seele <strong>de</strong>s Menschen selbst liegt.<br />

Der Steppenwolf bleibt somit ein einzigartiger Versuch in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Literatur<br />

<strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts, die gespaltene dissonante Welt <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne sowohl im<br />

Bewußtsein <strong>de</strong>s Steppenwolfes als auch <strong>de</strong>s Lesers zu einer neuen Einheit<br />

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