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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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Trotz <strong>de</strong>r vielen Ähnlichkeiten zwischen <strong>de</strong>m Volksrat und <strong>de</strong>r Kirche, ist es noch<br />

nie passiert, daß ein Frem<strong>de</strong>r statt zum Volksrat in die Kirche gegangen wäre [...]<br />

(Dorfchronik, DT: 34)<br />

Die Eindringlinge wer<strong>de</strong>n sonst als eine Bedrohung für die Erziehung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

aufgefaßt:<br />

Und Vater schlurfte schon ein Suppenauge und sagte leis: ‚Die Zigeuner sind im<br />

Dorf. Sie sammeln Speck, und Mehl, und Eier ein.’ Mutter zwinkerte mit ihrem<br />

rechten Aug. ‚Und Kin<strong>de</strong>r’, sagte sie. Und Vater schwieg. (Die große schwarze<br />

Achse, DT: 49-50)<br />

Es erscheint in <strong>de</strong>r Dorfchronik ein stilistischer Ausdruck <strong>de</strong>s Verhältnisses<br />

zwischen <strong>de</strong>r Fremdheit und <strong>de</strong>r Innerlichkeit. Das Dorf erscheint hier als<br />

Schnittpunkt zwischen Alterität und I<strong>de</strong>ntität. Das erwähnte stilistische Verfahren<br />

besteht in <strong>de</strong>r Einsetzung eines synonymischen Verhältnisses zwischen zwei<br />

Wörtern: Das erste Verhältnis gehört <strong>de</strong>r Hochsprache an und bezeichnet somit<br />

die Fremdheit, das zweite Verhältnis ist ein mundartlicher Ausdruck, <strong>de</strong>r die<br />

dörfliche Wirklichkeit darstellt. Wenn das Wort ohne jegliche Determinierung im<br />

ersten Falle erscheint, so taucht es im zweiten Falle mit <strong>de</strong>r Erläuterung „was im<br />

Dorf so genannt wird“ auf:<br />

[...] sehr jung, was im Dorf blutjung genannt wird (S. 29)<br />

[...] die Rasse, die im Dorf Art genannt wird (S: 30)<br />

[...] <strong>de</strong>r Volksrat, <strong>de</strong>r im Dorf Gemein<strong>de</strong>haus genannt wird (S. 32)<br />

[...] Alkoholiker, die im Dorf Säufer genannt wer<strong>de</strong>n (S. 33)<br />

[...] Spottnamen, die im Dorf Spitznamen genannt wer<strong>de</strong>n (S. 37)<br />

[...] <strong>de</strong>r Papst, <strong>de</strong>r im Dorf <strong>de</strong>r heilige Vater genannt wird (S. 44)<br />

[...] die Hel<strong>de</strong>n, die im Dorf Gefallene genannt wer<strong>de</strong>n (S. 45) usw.<br />

Es kommt <strong>de</strong>r Autorin die Aufgabe zu, das Äußere mit <strong>de</strong>m Inneren mit Hilfe <strong>de</strong>s<br />

ange<strong>de</strong>uteten Verfahrens zu verbin<strong>de</strong>n. In dieser Hinsicht spielt die Erzählerin<br />

keine neutrale Rolle. Sie i<strong>de</strong>ntifiziert sich manchmal mit <strong>de</strong>r bäuerlichen Welt, so<br />

wie sie durch die Benützung <strong>de</strong>r einheimischen, mundartlichen Ausdrücke<br />

ge<strong>de</strong>utet wird:<br />

[…] da ja die Kirche an ihrem Kreuz zu erkennen ist und <strong>de</strong>r Volksrat an seiner<br />

Ehrentafel, die im Dorf Ehrenkasten genannt wird. Im Ehrenkasten sind Zeitungen<br />

ausgehängt […] (S. 34)<br />

[...] das Para<strong>de</strong>zimmer, das im Dorf Extrazimmer genannt wird […]. Im<br />

Extrazimmer stehen dunkle polierte Möbel aus Kirsch- o<strong>de</strong>r Lin<strong>de</strong>holz mit Nuß-<br />

o<strong>de</strong>r Rosenfurnier. (S. 39)<br />

[...] die Wiese, die im Dorf Hutwei<strong>de</strong> genannt wird. Auf <strong>de</strong>r Hutwei<strong>de</strong> stehen<br />

vereinzelte Bäume. (S.46)<br />

Ein ähnliches Verfahren erscheint auch in <strong>de</strong>r Erzählung Faule Birnen. Die kleine<br />

Erzählerin und die größere Käthe betreten eine ihnen unbekannte Welt, die als<br />

fremd wahrgenommen wird:<br />

Am Straßenrand ziehen Häuse vorbei. Die Häuser sind keine Dörfer, weil ich hier<br />

nicht wohne. Kleine Männer mit verschwommenen Hosenbeinen gehen fremd<br />

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