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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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überhaupt noch um unsere Seelen? 16<br />

Die nationalen Wi<strong>de</strong>rspüche verschärfen sich durch <strong>de</strong>n Krieg und diese absur<strong>de</strong><br />

Situation wird <strong>de</strong>r Hauptfigur, wie einst <strong>de</strong>m Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Schriftstellers, zum<br />

Verhängnis:<br />

Seht euch um! Du bist Ju<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Herr Hauptmann ist Tscheche, <strong>de</strong>r Doktor dort<br />

Deutscher, Tscherwenko Ruthene, Bologa Rumäne, ich bin Ungar. 17<br />

Der Titel <strong>de</strong>s Romans wur<strong>de</strong> Rebreanu durch ein Fotoalbum suggeriert, in <strong>de</strong>m<br />

grauenhafte Kriegsszenen festgehalten wur<strong>de</strong>n, darunter ein Wald, an <strong>de</strong>ssen<br />

Bäumen die Menschen aufgehängt wor<strong>de</strong>n waren. Ein solcher grotesker Wald<br />

erhebt sich zum Symbol für <strong>de</strong>n ungarisch-österreichischen Staat, <strong>de</strong>m es nicht<br />

gelungen ist, das Nationalitätenproblem zu lösen, und <strong>de</strong>r sich im Gegenteil in ein<br />

Gefängnis umgewan<strong>de</strong>lt hat. Die Monarchie hat Verständnis für <strong>de</strong>n Haß zwischen<br />

<strong>de</strong>n einzelnen Völkern, regt diesen sogar an, um so das Gleichgewicht <strong>de</strong>s<br />

Systems zu sichern.<br />

Im Jahre 1968, als sich parallel mit Ceauşescus Öffnungspolitik <strong>de</strong>r allmähliche<br />

Durchbruch in <strong>de</strong>r rumänischen Nachkriegsliteratur vollzogen hat, erscheint eine<br />

Sammlung österreichischer Epik, die Auszüge aus <strong>de</strong>m Prosawerk von 53 Autoren<br />

aus Österreich umfaßt. Aufschlußreich ist das Österreich-Bild, das <strong>de</strong>r<br />

Herausgeber <strong>de</strong>s Ban<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>r rumänien<strong>de</strong>utsche Schriftsteller Dieter Schlesak<br />

(1934 geb.), im Vorwort 18 entwirft. Er geht auf die Makrostruktur dieses Lan<strong>de</strong>s<br />

<strong>zur</strong>ück, das Ludwig Börne “Europas China” genannt hat, und das 1867 “kaiserlich<br />

und königlich” gewor<strong>de</strong>n ist. So ähnlich wie das Reich <strong>de</strong>r Zaren bei Dostoevskij<br />

ähnele das Reich von Franz Joseph eher einem Staat <strong>de</strong>r Nachtwächter. Als<br />

mitteleuropäisches Land öffne Österreich seine Tore sowohl <strong>de</strong>n romanischen als<br />

auch <strong>de</strong>n slawischen Völkern und erinnere abwechselnd an Byzanz, Rom, an das<br />

mo<strong>de</strong>rne Italien, an das in alten Traditionen verwurzelte Spanien o<strong>de</strong>r an<br />

Frankreich. Eben in diesem Raum habe sich ein Lebensstil entwickelt, <strong>de</strong>r eng mit<br />

<strong>de</strong>m Habsburger Mythos verbun<strong>de</strong>n ist.<br />

Das Symbol dieses Lebensstils, das von Franz Werfel und Joseph Roth<br />

festgehalten wur<strong>de</strong>, ist <strong>de</strong>r pünktliche und korrekte Beamte, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Schein<br />

erweckt, daß er so ähnlich wie <strong>de</strong>r Kaiser Franz Joseph, das Heilmittel für alle<br />

Schmerzen dieser Welt besitzen wür<strong>de</strong>. Zahlreiche Gestalten aus <strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>nen sozialen Medien i<strong>de</strong>ntifizieren sich mit <strong>de</strong>r Figur <strong>de</strong>s Kaisers.<br />

Dessen “hel<strong>de</strong>nhafte Mediokrität” erhebe sich zu einer Art Religion <strong>de</strong>r<br />

Beamtenschaft, die sich einem absur<strong>de</strong>n Ordnungssystem unterordnet. Franz<br />

Josephs Untergang und jener <strong>de</strong>r Monarchie erfolgen parallel. Österreich wird<br />

zum “Land ohne Eigenschaften,” das in einem veralteten sozial-politischen System<br />

wurzelt.<br />

Ein ähnliches Bild Wiens <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong> entwirft in <strong>de</strong>n 70er Jahren <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschsprachige Banater Schriftsteller Andreas Alois Lillin (1915-1985) :<br />

Wien in <strong>de</strong>n ersten Jahren nach <strong>de</strong>m fatalen Ausgang <strong>de</strong>s Österreichisch-<br />

16 Anm. 15, 92.<br />

17 Anm. 15, 65.<br />

18 Schlesak, Dieter (Hrsg.) (1968): PrefaŃă. In: Amurgul imperiului. Proză austriacă<br />

mo<strong>de</strong>rnă, Bd. 1, Bucuresti: Editura pentru Tineret, V.<br />

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