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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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totalen Außenseiterexistenz entschließen kann und ihm auch die Einordnung in<br />

das bürgerliche Leben unmöglich ist. Er pen<strong>de</strong>lt beständig zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Extremen Bürger und Außenseiter.<br />

Der Traktat vom Steppenwolf zeigt auf, daß Harry nur dann erlöst wer<strong>de</strong>n kann,<br />

wenn er <strong>de</strong>n Glauben an die oberflächliche Zweiteilung in Mensch und Wolf<br />

aufgibt, <strong>de</strong>n Mut <strong>zur</strong> Selbsterkenntnis aufbringt, um festzustellen, daß kein Ich eine<br />

Einheit darstellt, son<strong>de</strong>rn vielmehr aus Tausen<strong>de</strong>n von Teilaspekten besteht, die<br />

je<strong>de</strong>r für sich unterschiedliche Möglichkeiten <strong>zur</strong> Selbstverwirklichung enthalten.<br />

Dadurch führt Hesse auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Romanfigur die Kategorie <strong>de</strong>r Möglichkeit<br />

ein, welche auch in enger Beziehung <strong>zur</strong> Tiefenpsychologie zu sehen ist, vor allem<br />

zu <strong>de</strong>r analytischen Psychologie Jungs.<br />

Die Auflösung <strong>de</strong>s Charakters und die Umwandlung <strong>de</strong>r<br />

Romangestalten in Symbole<br />

Eine Eigentümlichkeit <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Prosa auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Romangestalten, die<br />

Karalaschwili in seiner Arbeit Hermann Hesses Romanwelt hervorhebt, ist jene,<br />

daß <strong>de</strong>n Figuren nicht mehr die Bezeichnung Charakter zugeschrieben wer<strong>de</strong>n<br />

kann, weil sich <strong>de</strong>r Charakter auf das Äußere <strong>de</strong>s Menschen bezieht, während <strong>de</strong>r<br />

mo<strong>de</strong>rne Roman sein Augenmerk auf das innere Wesen <strong>de</strong>r Gestalt richtet<br />

(Karalaschwili, 1986, S. 198).<br />

Sabine Kyora führt die Relativierung bzw. Auflösung <strong>de</strong>r Figuren, <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Begriff<br />

<strong>de</strong>s Charakters nicht mehr gerecht wird, auf Freuds Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r dynamischen<br />

Prozesse innerhalb <strong>de</strong>s Unbewußten <strong>zur</strong>ück (Kyora, 1992, S. 3).<br />

Auch Schramkes Feststellung:<br />

Der Charakter gilt nicht mehr als einheitlicher, konsequenter und unverän<strong>de</strong>rlicher<br />

Ausdruck einer Persönlichkeit, son<strong>de</strong>rn als in<strong>de</strong>terminiertes, komplexes und<br />

wan<strong>de</strong>lbares Gebil<strong>de</strong> (Schramke, 1974, S. 91),<br />

kann mit <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r Tiefenpsychologie in Beziehung gesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

und vor allem mit <strong>de</strong>m Bild <strong>de</strong>s Menschen als „eine aus hun<strong>de</strong>rt Schalen<br />

bestehen<strong>de</strong> Zwiebel, ein aus vielen Fä<strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>s Gewebe“ (HGW 7, 1970,<br />

S. 244f.).<br />

Karalaschwili unterstreicht, daß die Romangestalt bei Hesse zum „sinn- und<br />

werttragen<strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>r gesamten epischen Totalität“ (Karalaschwili, 1986,<br />

S. 174) wird, während in <strong>de</strong>r traditionellen Prosa die epische Gestalt noch „ihre<br />

relative Unabhängigkeit vom Ganzen“ wahrte, noch „eine eigenständige Einheit<br />

<strong>de</strong>s epischen Geschehens“ (Karalaschwili, 1986, S. 182) war.<br />

Dies wäre so zu verstehen, daß die Gestalten <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Romans zu<br />

Symbolen umgearbeitet wer<strong>de</strong>n, die nicht mehr <strong>de</strong>r Wirklichkeit angehören,<br />

son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Sphäre <strong>de</strong>r Fiktion angesie<strong>de</strong>lt sind und nur mehr innerhalb dieser<br />

Sphäre ihre vollständige Berechtigung haben.<br />

Sehr aufschlußreich ist es in dieser Hinsicht Karalaschwilis Definition von<br />

Charakter und Symbol einan<strong>de</strong>r gegenüberzustellen:<br />

[...] <strong>de</strong>r Charakter ist das Ergebnis einer Verallgemeinerung von einer ganzen<br />

Reihe einzelner individueller Eigenschaften. Er spiegelt die Wirklichkeit wi<strong>de</strong>r und<br />

formt sie daher nach einem von außen diktierten Prinzip (Karalaschwili1986, S.<br />

176).<br />

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