09.12.2012 Aufrufe

temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

durch menschenfeindlichen architektonisch-erzbischöflich-stumpfsinnig-nationalsozialistisch-katholischen<br />

To<strong>de</strong>sbo<strong>de</strong>n zugrun<strong>de</strong>. (Ursache: 51)<br />

Die düstere Perspektive, die auf seiner Geburtsstadt Salzburg lastet, die<br />

Umstän<strong>de</strong>, daß <strong>de</strong>r Protagonist dort an einer lebensgefährlichen Lungenkrankheit<br />

erkrankt ist, bedingen die subjektive Ausrichtung in <strong>de</strong>m Zitat, die negative<br />

Beschaffenheit <strong>de</strong>s Handlungsortes.<br />

In <strong>de</strong>r Forschungsliteratur ist man sich darüber einig, daß die Räume in Thomas<br />

Bernhards Texten keinen realistischen Verweischarakter bergen, son<strong>de</strong>rn auf einer<br />

symbolischen Ebene zu <strong>de</strong>uten sind: „Es han<strong>de</strong>lt sich nicht um eine realistische<br />

Beschreibung und eine objektive Darstellung, son<strong>de</strong>rn um die Wie<strong>de</strong>rgabe von<br />

betont subjektiven Wahrnehmungen und Erfahrungen. (Ingen: 1989, 1142)<br />

Im Keller wer<strong>de</strong>n oft die Namen <strong>de</strong>r Orte und <strong>de</strong>r Straßen genannt (Blin<strong>de</strong>nanstalt,<br />

Taubstummenanstalt, Lehener Post, Scherzhauserfeldsiedlung, Pfeifergasse), so<br />

daß <strong>de</strong>r Leser leicht nachvollziehen könnte, wo sich diese Orte befin<strong>de</strong>n. Doch die<br />

von Bernhard aufgebaute Welt ist eine Fiktionswelt, die nicht <strong>de</strong>r Wirklichkeit<br />

gleichzusetzen ist, eine Kunstwelt, die <strong>de</strong>n Stempel <strong>de</strong>r Bernhardschen<br />

Individualität trägt. Schmidt-Dengler bezieht sich gera<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n fehlen<strong>de</strong>n Bezug<br />

<strong>de</strong>r Räume <strong>zur</strong> gelebten Realität, wenn er meint, daß die Namen <strong>de</strong>r Ortschaften<br />

und <strong>de</strong>r Räume als „Wirklichkeitsfallen“ (Schmidt-Dengler: 1995, 104) fungieren.<br />

Obwohl man meint, so Schmidt-Dengler, „sie mit unserem Alltag, unserer<br />

Lebenswelt rückkoppeln zu können“, stellt „sich alles jedoch plötzlich als freie<br />

Assoziation o<strong>de</strong>r Denk-Erfindung heraus.“ (Ebd: 115) Bernhard täuscht mit Hilfe<br />

geographischer Daten vor, eine Wirklichkeitswelt aufzubauen, doch die Räume<br />

erweisen sich als Kunstmittel.<br />

Im Keller richtet sich <strong>de</strong>r Blickpunkt, wie es <strong>de</strong>r Titel schon angibt, auf <strong>de</strong>n Keller,<br />

in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Protagonist, nach<strong>de</strong>m er sich für einen Lebenswan<strong>de</strong>l, für die<br />

„entgegengesetzte Richtung“ entschlossen hat, eine Lehrstelle bei <strong>de</strong>m<br />

Lebensmittelwarenhändler Podlaha gefun<strong>de</strong>n hat. Wenn in <strong>de</strong>m ersten Band das<br />

Internat, die Schuhkammer in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund stan<strong>de</strong>n, so ist es nun <strong>de</strong>r Keller,<br />

wobei von Band zu Band eine „Verengung <strong>de</strong>s Raumes, eine Isolation in <strong>de</strong>n<br />

allerengsten Kammern“ (Schmidt-Dengler: 1995, 230) bemerkbar wird.<br />

Was die Merkmale dieses Raumes, <strong>de</strong>r Scherzhauserfeldsiedlung anbelangt, wird<br />

wie<strong>de</strong>rholt darauf hingewiesen, daß er in <strong>de</strong>r „entgegengesetzten Richtung“, am<br />

Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stadt situiert ist, „in <strong>de</strong>m absoluten Schreckensviertel“ (Bernhard:1998,<br />

7). Bevölkert wird diese Welt von Säufern, Gescheiterten, Kriminellen und vom<br />

Krieg Zerstörter, von Außenseiterexistenzen, die ein verkümmertes Leben führen<br />

und sinnlos ihr Dasein fristen. Der Raum wird explizite negativ konnotiert und als<br />

Hölle bewertet. Die Kritik <strong>de</strong>s Autors richtet sich gegen die Regierung, die<br />

Stadtmächtigen, wenn er wie folgt sagt:<br />

Die Stadt hat genau in <strong>de</strong>m Abstand von ihr, <strong>de</strong>r ihr notwendig erschien, eine billige<br />

und menschentöten<strong>de</strong> Siedlung in diese Wiesen hineingebaut, eine Siedlung für<br />

ihre Ausgestoßenen, für ihre Ärmsten und Verwahrlosesten und Verkommensten,<br />

für ihren Menschenausschuß. (Bernhard: 1998, 26)<br />

Zwischen <strong>de</strong>n monotonen Bauten dieses Viertels, <strong>de</strong>ssen Inneneinrichtungen auch<br />

unter die Lupe genommen wer<strong>de</strong>n, mußte man einfach „verkommen und<br />

absterben und zugrun<strong>de</strong>gehen“ (Bernhard: 1998, 10), es ist <strong>de</strong>mzufolge ein<br />

64

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!