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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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Absatz besprochen (Siehe 2.1.)<br />

b) Die Fremdheit, von <strong>de</strong>n in Herta Müllers Werk erscheinen<strong>de</strong>n Personen als<br />

auswärtige Wirklichkeit wahrgenommen.<br />

Im folgen<strong>de</strong>n gehen wir nur auf <strong>de</strong>n zweiten Aspekt ein.<br />

Die von Herta Müller in <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rungen und im Drücken<strong>de</strong>n Tango erschaffene<br />

Welt ist eine vorwiegend bäuerliche Welt. In ihrer Mitte befin<strong>de</strong>t sich das <strong>de</strong>utsche<br />

Dorf aus <strong>de</strong>r Banater Hei<strong>de</strong>. Es han<strong>de</strong>lt sich um eine konzentrische Welt, die aus<br />

drei Kreisen besteht: <strong>de</strong>r Familie – im Mittelpunkt – <strong>de</strong>m Dorf und <strong>de</strong>r frem<strong>de</strong>n<br />

Umgebung. Diese drei Welten wer<strong>de</strong>n mit Hilfe <strong>de</strong>s Erzählers vereinigt. Es ist nicht<br />

zufällig, daß <strong>de</strong>r Erzähler in <strong>de</strong>n meisten Fällen die Gestalt eines Kin<strong>de</strong>s annimmt,<br />

weil das Kind, so wie im vorhergehen<strong>de</strong>n Absatz ausgeführt wur<strong>de</strong>, am besten die<br />

I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r Gruppe, welcher es angehört, bewahrt. Es erfaßt mit Schärfe die<br />

Verschie<strong>de</strong>nheiten zwischen <strong>de</strong>r eigenen I<strong>de</strong>ntität und <strong>de</strong>r durch Fremdheit<br />

veranschaulichten Alterität.<br />

Ein umfassen<strong>de</strong>s Bild <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Dorfes wird in <strong>de</strong>r Erzählung Dorfchronik<br />

vorgestellt. Es offenbaren sich darin mit Genauigkeit die Gegensätze zwischen <strong>de</strong>n<br />

Traditionen <strong>de</strong>r Einheimischen und <strong>de</strong>n Institutionen, die als fremd wahrgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Der erste Aspekt wird mit Hilfe <strong>de</strong>s obsessiven Bil<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ntischen bäuerlichen<br />

Häuser (Räume <strong>de</strong>r familiären I<strong>de</strong>ntität) ver<strong>de</strong>utlicht:<br />

Die Seitengassen sind Häuserreihen. Die Häuser <strong>de</strong>r Häuserreihen sind alle gleich<br />

rosa getüncht, haben die gleichen grünen Sockel und die gleichen braunen<br />

Rollä<strong>de</strong>n. Sie unterschei<strong>de</strong>n sich nur durch die Hausnummernschil<strong>de</strong>r voneinan<strong>de</strong>r.<br />

(Dorfchronik, DT: 38-39)<br />

Die Alterität wird nur selten in dieser verschlossenen Atmosphäre wahrgenommen.<br />

Wenn das geschieht, so wird die Alterität mit Hilfe eines künstlichen Gepräges<br />

ausgedrückt:<br />

Manchmal lehrt die Kin<strong>de</strong>rgärtnerin […], die eine gute Akkor<strong>de</strong>onspielerin ist, die<br />

Kin<strong>de</strong>r sogar Schlager, in <strong>de</strong>nen auch englische Wörter wie darling und love<br />

vorkommen. (Dorfchronik, DT: 29)<br />

Die Alterität wird nicht nur durch das Eindringen <strong>de</strong>s frem<strong>de</strong>n Elementes<br />

wahrgenommen, son<strong>de</strong>rn auch durch die Flucht in eine frem<strong>de</strong> Welt. Das<br />

Verlassen <strong>de</strong>s Dorfes verwan<strong>de</strong>lt sich in ein wahrhaftiges Zeremoniell, dann, wenn<br />

es um die Jungen geht, die in <strong>de</strong>n Krieg ziehen müssen:<br />

Denn so war es damals bei uns im Dorf, daß die Väter, wenn die Söhne in <strong>de</strong>n<br />

Krieg gingen, die Koffer bis zum Bahnhof, bis zum Zug, bis an <strong>de</strong>n Rand <strong>de</strong>s<br />

Krieges trugen. (Drosselnacht, DT: 78)<br />

Die Eltern versuchen, Martin, die Hauptfigur <strong>de</strong>r Kurzgeschichte, aufzuhalten, ohne<br />

daß es ihnen gelingt:<br />

Jakob sagte: Martin, die Mutter hat gesagt, daß ich dir noch mal sagen soll, du<br />

sollst nicht gehn. (Drosselnacht, DT: 77)<br />

Die Reaktion Martins ist <strong>de</strong>r Ausdruck seiner Notwendigkeit, die Tradition zu<br />

achten:<br />

Er schaut sein Gesicht im Spiegel an und schrie: Wenn ich gehen will, dann laßt<br />

mich gehn. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r im Dorf was zählt, muß gehn. (Drosselnacht, DT: 77)<br />

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