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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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die Entwicklung <strong>de</strong>s Staates zu eröffnen. In sich überschlagen<strong>de</strong>r Eile wird das<br />

Geschehen vorangetrieben. Was eben noch Gültigkeit zu haben schien, wird im<br />

nächsten Moment verworfen: Als er nämlich von <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung Roms erfährt, ihn<br />

an Rom auszuliefern, da erfaßt er intuitiv die Zusammenhänge eines gegen ihn in<br />

die Wege geleiteten Ränkespiels. Die alten Wi<strong>de</strong>rsacher seiner Familie und seiner<br />

selbst steckten dahinter: Sollte nämlich die verhängte Verbannung nicht <strong>de</strong>n<br />

erhofften Erfolg bringen, müßte Rom ins Spiel gebracht wer<strong>de</strong>n, damit „aus<br />

Karthagos krankem Leib ein Dorn entfernt“ wer<strong>de</strong>. Dieses Ränkespiel <strong>de</strong>r alten<br />

Egoisten, die eher bereit waren, mit Rom heimliche Vereinbarungen zu treffen, als<br />

<strong>de</strong>n Weg innerer Einheit in Zeiten <strong>de</strong>r Not zu gehen, hat ihn entsetzt, weil er<br />

erkannte, daß „Parteisucht“ „blut’ge Bürgerfeh<strong>de</strong>n“ anfachen wür<strong>de</strong>, solange er,<br />

die wichtigste Person <strong>de</strong>r Gegenpartei, in Karthago weilte. Selbst neuer Krieg mit<br />

Rom drohte, falls Karthago <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung nicht nachkäme. Wie in Dramen, in<br />

Kriminalgeschichten u. a. literarischen Genres üblich, erlebt <strong>de</strong>r Zuschauer/Leser<br />

diese Szene nicht als Überraschter, son<strong>de</strong>rn als einer, <strong>de</strong>r am Zustan<strong>de</strong>kommen<br />

<strong>de</strong>r Intrige teilgenommen hat (Hanno und Gisgo in IV, 2., S. 77-79). So faßt<br />

Hannibal <strong>de</strong>n Entschluß, die Bür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Verbannung auf sich zu nehmen, obwohl er<br />

sich als neu eingesetzter Suffet <strong>de</strong>r gegen ihn verhängten Acht nicht hätte beugen<br />

müssen.<br />

Durch sein Fernsein erhofft er, Karthago einen Neuanfang zu ermöglichen, eine<br />

Zeit <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns einziehen zu lassen, damit es Kräfte sammle und Wun<strong>de</strong>n heile.<br />

Preyer läßt damit seinen Hannibal ganz bewußt das vermei<strong>de</strong>n, was er, Preyer, als<br />

das schwerste Vergehen ansah. Das Opfer, das Hannibal damit seinen Mitbürgern<br />

bringt, scheint schwerer zu wiegen als die lange, entbehrungsreiche und<br />

sorgenvolle Kriegszeit. Hier setzt das Moment <strong>de</strong>s wahrhaft Tragischen ein: Der<br />

Große, <strong>de</strong>ssen Pläne und <strong>de</strong>ssen Einsatz <strong>de</strong>m Staate in seiner Gesamtheit zugute<br />

kommen sollten, scheitert an <strong>de</strong>r Kleinlichkeit und Bosheit <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rsachers im<br />

eigenen Lan<strong>de</strong>.<br />

Quod erat <strong>de</strong>monstrandum: Der fehlen<strong>de</strong>n inneren Einheit und Folgerichtigkeit<br />

kann dies Drama <strong>de</strong>mnach nicht bezichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Was die Qualität dramatischer Gestaltung anlangt, räumt J. [C. Jakob] Stein<br />

diesem IV. Aufzug eine absolute Son<strong>de</strong>rstellung ein. Er nimmt ihn als einzigen von<br />

<strong>de</strong>m Vorwurf aus, „dialogisierte Epik“ zu sein, stellenweise zwar „poetisch höchst<br />

reizvoll“, dramatisch aber unfruchtbar“ wie die Unterredung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Feldherren<br />

im III. Akt. Ich zitiere:<br />

An<strong>de</strong>rs steht es mit <strong>de</strong>m vierten Aufzuge, <strong>de</strong>r Retardation <strong>de</strong>s Stückes. ... Es ist<br />

dieser Akt ein kleines Drama für sich: an dramatischer Spannung ist er reicher, als<br />

irgend etwas von Preyer, alles darinnen ist Leben, die Gegensätze prallen<br />

aneinan<strong>de</strong>r und drängen auf Entwicklung und Lösung <strong>de</strong>r Konflikte, die<br />

Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n sind Menschen, nicht Schatten. 78<br />

Der zwischen <strong>de</strong>n konfliktreichen Aufzügen II und IV gelegene III. Akt hat im<br />

78 J. Stein, „Preyer als Dramatiker“ – In: Schwäbischer Hausfreund, Temesvar,1918, S.35<br />

(s. Lv. 61); Basch übernimmt diese Einschätzung o<strong>de</strong>r richtiger: er pfropft sie im<br />

Wi<strong>de</strong>rspruch zu seiner eigenen Interpretation <strong>de</strong>s Stückes noch auf. Auch Ed. Castle folgt<br />

hierin J. Stein, bringt aber manches durch offensichtliche Unaufmerksamkeit durcheinan<strong>de</strong>r,<br />

vgl. Castle, Lv. 8, S. 581.<br />

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