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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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Die Ansprüche an das Publikum sind bei dieser Art von Drama recht hoch. Auch<br />

müßte es von guten Schauspielern aufgeführt wer<strong>de</strong>n, wenn es nicht untergehen<br />

soll. Die einzige „Aufführung“, die <strong>de</strong>r Hannibal auszugsweise erlebt hat, wur<strong>de</strong><br />

vom Rundfunk Temeswar während einer <strong>de</strong>r Deutschen Stun<strong>de</strong>n übertragen.<br />

Eventuell eine Nutzung <strong>de</strong>r Möglichkeiten, die das Genre <strong>de</strong>s Hörspiels bietet?<br />

Kaum <strong>de</strong>nkbar.<br />

Sucht man seinen Standort zwischen <strong>de</strong>n literarischen Richtungen festzulegen, so<br />

gibt es keinen Zweifel daran, daß er sich ganz eng an Schillers Historienstücke<br />

angelehnt hat, daß er die Abgeklärtheit und die Visionen aus Goethes klassischen<br />

Dichtungen verinnerlicht hat, daß ihn aber gesinnungsmäßig (bei Fortführung <strong>de</strong>s<br />

humanistischen und frühliberalen I<strong>de</strong>engutes) mancher seiner sozial-politischen<br />

Standpunkte mit Jung<strong>de</strong>utschen und <strong>de</strong>n Vormärzdichtern verbin<strong>de</strong>t, daß ihm aber<br />

realistische Gestaltung, wie sie im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt zu triumphieren begann, fremd<br />

geblieben ist. In welch beachtlichem Maß er sich <strong>de</strong>nnoch seine Selbständigkeit,<br />

vor allem in <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>s Stoffes, bewahrt hat, ergab <strong>de</strong>r Vergleich mit<br />

an<strong>de</strong>ren Bearbeitungen <strong>de</strong>s Hannibal-Stoffes.<br />

Das Epigonale ist hauptsächlich in <strong>de</strong>r ästhetischen Konzeption und<br />

Gestaltungsweise nachweisbar; ein „geschmackvoller Nachahmer Goethes und<br />

Schillers“, wie C. Jakob Stein in seinen Untersuchungen zu Preyers Dramen<br />

feststellte, ein Urteil, <strong>de</strong>m sich im Grun<strong>de</strong> fast alle angeschlossen haben, die sich<br />

dazu äußerten, die meisten aus eigener Erkenntnis, an<strong>de</strong>re, in<strong>de</strong>m sie sich kritiklos<br />

eine vorgefun<strong>de</strong>ne Meinung zu eigen machten. Hinsichtlich <strong>de</strong>s Sprachstils bricht<br />

Rudolf Hollinger eine Lanze für Preyer und seine Geistesverwandten. Ich zitiere:<br />

Die Gegenwart kann Preyer seinen verspäteten ‚klassischen‘ Stil ankrei<strong>de</strong>n. […]<br />

Die Naturalisten waren schon wie<strong>de</strong>r abgetreten, als man im allgemeinen zu<br />

begreifen begann, daß so etwas wie eine mo<strong>de</strong>rne Kunst entstand. Thomas Manns<br />

Roman Bud<strong>de</strong>nbrooks (1901) ist noch so erfüllt von jener i<strong>de</strong>alistischen Klassik,<br />

daß man einem Dramatiker wie Johann Nepomuk Preyer seine auf edle Gesinnung<br />

abgestimmten Dramen nachsehen darf. Eher ist es Unrecht o<strong>de</strong>r Schuld, daß sie in<br />

Temesvar, wo dieser tüchtige Mann fast ein halbes Jahrhun<strong>de</strong>rt hindurch<br />

segensreich gewirkt hatte, vergessen wor<strong>de</strong>n sind. 110<br />

Meine Preyer und <strong>de</strong>m ausge<strong>de</strong>hnten Umfeld gelten<strong>de</strong>n Untersuchungen veranlassen<br />

mich, noch einen Aspekt zu unterstreichen: Die epigonale Haltung ist bei<br />

Preyer nicht eine Mo<strong>de</strong>erscheinung, wie sie in <strong>de</strong>r Literatur Österreichs und<br />

Deutschlands noch in <strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s 19.Jahrhun<strong>de</strong>rts angetroffen wird,<br />

son<strong>de</strong>rn wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit. Die vielfältigsten Dokumente<br />

lassen einen meist behutsam und wohlüberlegt vorgehen<strong>de</strong>n, zuweilen aber<br />

erstaunlich energisch agieren<strong>de</strong>n Menschen in Erscheinung treten, <strong>de</strong>r immer<br />

umsichtig und weitblickend die Interessen an<strong>de</strong>rer wie seinen eigenen Vorteil zu<br />

wahren bestrebt war. Wie kein an<strong>de</strong>rer hat Robert Reiter (Ps. Franz Liebhard) mit<br />

viel Spürsinn Preyers literarische Eigenart umrissen:<br />

Das Maßhalten im Denken und Fühlen, eingebettet in die Wärme <strong>de</strong>s Gemüts, das<br />

die Explosivkraft <strong>de</strong>r Erlebnisse dämpfte, war für <strong>de</strong>n Menschen Preyer<br />

ausschlaggebend. Da in seiner Brust keine zwei Seelen wohnten, konnte auch <strong>de</strong>r<br />

Schriftsteller Preyer nicht an<strong>de</strong>rs sein: <strong>zur</strong>ückhaltend trotz aller Bewegtheit,<br />

S. 83.<br />

110 Rudolf Hollinger,“ Preyer als Dramatiker“. In: Neue Banater Zeitung vom 29.12.1968.<br />

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