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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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Bei <strong>de</strong>r Übertragung kulturspezifischer Elemente ist die gute Kenntnis sowohl <strong>de</strong>r<br />

Ausgangs- als auch <strong>de</strong>r Zielkultur unabdingbare Voraussetzung, aber noch keine<br />

Garantie für eine gute Übersetzung, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Übersetzer steht vor <strong>de</strong>r schweren<br />

Entscheidung, ob er <strong>de</strong>n Adressaten in <strong>de</strong>r Zielsprache das Frem<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Ausgangskultur zumuten, o<strong>de</strong>r aber das Original richtiggehend in das heimische<br />

Medium <strong>de</strong>r Zielkultur verpflanzen soll. Um mit Schleiermacher zu sprechen:<br />

Entwe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Übersetzer läßt <strong>de</strong>n Schriftsteller möglichst in Ruhe, und bewegt <strong>de</strong>n<br />

Leser ihm entgegen; o<strong>de</strong>r er läßt <strong>de</strong>n Leser möglichst in Ruhe und bewegt <strong>de</strong>n<br />

Schriftsteller ihm entgegen.4<br />

Bestimmend für die Übersetzerposition gegenüber Ausgangs- und Zielkultur ist <strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>r Übersetzung verfolgte Zweck, ob <strong>de</strong>r Übersetzer das Fremdartige bekannt<br />

machen will, o<strong>de</strong>r aber <strong>de</strong>n Leser durch seine Übersetzung ansprechen will. Im<br />

ersten Fall wird die Übersetzung einen sen<strong>de</strong>rorientierten Charakter haben, im<br />

zweiten einen empfängerorientierten.<br />

Weil wir <strong>de</strong>n Begriff Kulturspezifika in seinem weitesten Sinne fassen und die<br />

Implikationen von kulturgebun<strong>de</strong>nen Vorstellungen im allgemeinen für <strong>de</strong>n<br />

Übersetzungsvorgang untersuchen wollen, haben wir einen Auszug aus Goethes<br />

Faust gewählt, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n ersten Blick diesbezüglich keine auffälligen Merkmale<br />

vorweist. Es han<strong>de</strong>lt sich um Fausts Frühlingsmonolog in <strong>de</strong>r Szene Vor <strong>de</strong>m Tor<br />

5. Aus <strong>de</strong>m 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt gibt es zwei rumänische Übertragungen dieses Teils,<br />

die in <strong>de</strong>r Gesamtübersetzung <strong>de</strong>s Faust I von Vasile Pogor und Nicolae Skelitty6<br />

enthaltene und die als Fragment unter <strong>de</strong>m Titel Faust erschienene Version<br />

Maiorescus7. Wegen <strong>de</strong>r unterschiedlichen Einstellung <strong>de</strong>r Übersetzer gegenüber<br />

<strong>de</strong>m Original bieten sich die bei<strong>de</strong>n Texte zu einem kontrastiven Vergleich an, <strong>de</strong>r<br />

einerseits die Schwierigkeiten <strong>de</strong>r Übersetzung kulturell geprägter Sachverhalte<br />

und die Gewichtigkeit <strong>de</strong>r Auswirkungen <strong>de</strong>s übersetzerischen<br />

Entscheidungsprozesses <strong>de</strong>utlich machen soll, andrerseits aber auch einen<br />

Ausgangspunkt für rezeptionsgebun<strong>de</strong>ne Betrachtungen be<strong>de</strong>utet. Die<br />

Untersuchung beschränkt sich nur auf kulturbezogene Passagen, die wir zu<br />

diesem Zweck im Monolog i<strong>de</strong>ntifiziert haben.<br />

Ein erster Begriff, in diesem Sinne von Relevanz, ist “Stadt”. Während Skelitty und<br />

Pogor neutral mit “oraş“ übersetzen, verwen<strong>de</strong>t Maiorescu “cetatea neguroasã”,<br />

wodurch er <strong>de</strong>m Leser das Bild einer mittelalterlichen, von Wehrmauern<br />

umgebenen Stadt vermittelt, was in etwa <strong>de</strong>n Vorstellungen von einer <strong>de</strong>utschen<br />

Stadt zu Lebzeiten <strong>de</strong>s historischen Faust entspricht. Somit hat Maiorescu es<br />

vorgezogen, hier <strong>de</strong>n Leser in die Realität <strong>de</strong>s Faust einzuführen.<br />

Kulturbezogen sind auch die <strong>zur</strong> Stadt gehörigen aufgezählten Elemente, <strong>de</strong>nen<br />

die Bürger am Ostermorgen durch ihren Spaziergang vor die Tore <strong>de</strong>r Stadt zu<br />

entfliehen suchen.<br />

4<br />

Schleiermacher, Friedrich Ernst: Sämtliche Werke. II. Berlin. 1838. S.218.<br />

5<br />

Goethes Werke. III. Hamburg: Christian Wegner. 1962. S.35-36.<br />

6<br />

Faust. Tragedie <strong>de</strong> Goethe. Tradusă <strong>de</strong> V. Pogor <strong>şi</strong> N. Skelitty. Ia<strong>şi</strong>: Adolf Berman. 1862.<br />

S.32-33.<br />

7<br />

M. [Maiorescu]: “Din Faust. De Goethe”. In: Convorbiri literare. III. Ia<strong>şi</strong>. 1870. S.399-400.<br />

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