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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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lediglich Ausdruck einer Neurose. Jung schränkt auch diese Autonomie ein, in<strong>de</strong>m<br />

er behauptet, die Werke wür<strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>m Autor aufdrängen,<br />

seine Hand ist gewissermaßen ergriffen, seine Fe<strong>de</strong>r schreibt Dinge, <strong>de</strong>ren sein<br />

Geist mit Erstaunen gewahr wird. 13<br />

Die zweite Gemeinsamkeit besteht darin, daß bestimmte Bereiche unberücksichtigt<br />

bleiben, so das soziale Umfeld o<strong>de</strong>r die Form <strong>de</strong>s Kunstwerkes. Was die<br />

Unterschie<strong>de</strong> anbetrifft, so reicht <strong>de</strong>r Umfang dieses Vortrags nicht, um sie im<br />

Einzelnen aufzuzeigen. Ich möchte mich auf <strong>de</strong>n Hauptunterschied beschränken:<br />

Freuds Metho<strong>de</strong> ist kausal, in<strong>de</strong>m sie nach <strong>de</strong>r Ursache fragt, während die<br />

Jungsche Metho<strong>de</strong> eine finale ist, da sie nach <strong>de</strong>m Ziel (<strong>de</strong>m Selbst) und <strong>de</strong>ssen<br />

Erreichung fragt.<br />

Nun kann man sich fragen, ob eine solche Partialität notwendig ist. Einiges spricht<br />

dafür. Die gute Kenntnis eines Systems ermöglicht <strong>de</strong>ssen exakte Anwendung.<br />

Mehrere Systeme perfekt zu beherrschen, erweist sich schon als schwieriger. Die<br />

Partialität hat <strong>de</strong>n Vorteil, daß eine Seite <strong>de</strong>s Werkes gründlich beleuchtet wird und<br />

eine an<strong>de</strong>re, interessante Interpretation bietet. Die Deutung innerhalb eines<br />

Systems scheint auch gut zu funktionieren und bestätigt meist die Gültigkeit <strong>de</strong>r<br />

jeweiligen Theorie. Der Mensch neigt jedoch dazu, sich EINE I<strong>de</strong>ologie, EINE<br />

Sicht, EINE Vorstellung zu eigen zu machen.<br />

Gegen eine solche Partialität spricht die Einseitigkeit <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Stillstand,<br />

<strong>de</strong>r sich möglicherweise aus einer solchen festgefahrenen Metho<strong>de</strong> ergeben kann,<br />

während das Ziel <strong>de</strong>r Forschung im Weiterkommen, im Fortschritt liegt. Zu<strong>de</strong>m<br />

erkennt man, daß bei<strong>de</strong> Systeme nicht für alle Werke funktionieren. Demnach<br />

wäre die Suche nach neuen Mo<strong>de</strong>llen zu befürworten. Es wäre zum Beispiel<br />

<strong>de</strong>nkbar, die Erkenntnisse von Freud und Jung gleichzeitig zu nutzen, um zu einer<br />

neuen, reicheren Interpretation zu kommen. Ich bin <strong>de</strong>r Ansicht, daß sich bei<strong>de</strong><br />

Metho<strong>de</strong>n keineswegs ausschließen, wenn auch in manchen Fällen die eine o<strong>de</strong>r<br />

die an<strong>de</strong>re geeigneter sein kann. Es könnten auch die Märchen und Träume, die<br />

oft in literarischen Texten vorkommen, untersucht und soziologisch ge<strong>de</strong>utet<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Form <strong>de</strong>r Dichtung könnte auch mit einbezogen wer<strong>de</strong>n, so <strong>de</strong>r<br />

Rhythmus (wobei eine Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Musikologen <strong>de</strong>nkbar wäre) o<strong>de</strong>r<br />

die Auswahl <strong>de</strong>r Wörter (ihr ursprünglicher Sinn, die gewählten Nuancen, die<br />

Ausdrucksweise könnten in Zusammenarbeit mit Sprachforschern analysiert<br />

wer<strong>de</strong>n). Auch <strong>de</strong>r Einfluß <strong>de</strong>r Geschichte, <strong>de</strong>s Zeitgeistes, <strong>de</strong>r sozialen und<br />

gesellschaftlichen Bedingungen wäre wichtig und brächte eine enge Verbindung<br />

zwischen Literaturwissenschaft und Soziologie. Wonach gesucht wer<strong>de</strong>n sollte,<br />

sind Mo<strong>de</strong>lle, die verschie<strong>de</strong>ne Interpretationsparadigmen in eine einzige<br />

Untersuchung integrieren. Paradigmenwechsel in Richtung Interdisziplinarität ist<br />

hier angesagt. Es gibt zwar bereits interessante Studien von Marie-Louise von<br />

Franz, Hedwig von Beit o<strong>de</strong>r Eugen Drewermann, die aber lediglich eine Analyse<br />

<strong>de</strong>r Märchen an sich als Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Persönlichkeitsentwicklung bieten. Auch die<br />

Untersuchungen von Gilbert Durand beschränken sich darauf, die<br />

Wie<strong>de</strong>raufnahme <strong>de</strong>r Strukturen und Elemente <strong>de</strong>r Mythen in literarischen Werken<br />

13 Ebd., S. 84.<br />

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