09.12.2012 Aufrufe

temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Siddhartha eben das Wesentliche nicht durch Worte veranschaulichen, und zwar,<br />

das, was er in <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Erleuchtung erlebt hat. Das be<strong>de</strong>utet, daß die<br />

Sprache keinen Zugang zu <strong>de</strong>n wichtigsten Dingen <strong>de</strong>s Lebens vermitteln kann.<br />

Deshalb gelobt sich Siddhartha bei sich selbst zu lernen, weil Lebensweisheit nur<br />

erfahren o<strong>de</strong>r erlebt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Der gleiche Gedanke ist auch im Steppenwolf ausgedrückt, wenn die Verzweiflung<br />

<strong>de</strong>s Protagonisten nach <strong>de</strong>m Lesen <strong>de</strong>s Traktats ihren Höhepunkt erreicht. Die<br />

vorgeschlagenen Lösungen <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Abhandlung können Haller<br />

nicht optimistisch stimmen. Er muß die Auflösung seiner Person in eine Vielfalt von<br />

Teilaspekten im Magischen Theater unmittelbar erleben.<br />

Der Verfasser <strong>de</strong>s Traktats nennt die Sprache „unsere arme Idiotensprache“ (HGW<br />

7, 1970, S. 244), die alles vereinfacht, ähnlich wie die Gedanken <strong>de</strong>s Menschen.<br />

Auch die Gedanken können, wie die Sprache, die Vielfalt <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Psyche kaum erfassen. Dazu ist ein Denken nötig, das auch die Wi<strong>de</strong>rsprüche in<br />

sich miteinbezieht, ein Denken in Paradoxa, das auch bei Jung eine wesentliche<br />

Rolle spielt, sowie gleichzeitig auch ein magisches Denken, das die Wi<strong>de</strong>rsprüche<br />

aufhebt.<br />

Der Goethe-Traum als vereinigen<strong>de</strong>r Mittelpunkt zwischen<br />

erzähltechnischer und erzählthematischer Ebene<br />

Karalaschwili zählt Harry Hallers Goethe-Traum zusammen mit <strong>de</strong>m Traktat vom<br />

Steppenwolf und <strong>de</strong>n Szenen <strong>de</strong>s Magischen Theaters zu <strong>de</strong>n „magischen und<br />

phantastischen Ereignissen dieses Werkes, welche <strong>de</strong>n Leser unmittelbar mit <strong>de</strong>n<br />

Realitäten <strong>de</strong>s inneren Lebens <strong>de</strong>s Hel<strong>de</strong>n konfrontieren“ (Karalaschwili, 1980, S.<br />

226).<br />

Es ist bezeichnend, daß die chronologisch ablaufen<strong>de</strong> Handlung, welche in <strong>de</strong>n<br />

Steppenwolfaufzeichnungen geschil<strong>de</strong>rt wird, durch <strong>de</strong>n Einbruch einer höheren,<br />

transzen<strong>de</strong>nten Welt <strong>de</strong>r Ewigkeit unterbrochen wird. Ein erstes Zeichen dieser<br />

Welt ist die Lichtreklame auf einer alten Steinmauer, welche das Magische Theater<br />

ankündigt. Auch <strong>de</strong>r Traktat gelangt auf zufälliger Weise in <strong>de</strong>n Besitz Hallers.<br />

Der Goethe-Traum kann auch als Bote aus dieser höheren Welt ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n.<br />

Er stellt die eigentliche Verbindung zwischen <strong>de</strong>m Menschen und <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r<br />

Ewigkeit her, in<strong>de</strong>m er aus <strong>de</strong>r Sphäre <strong>de</strong>s kollektiven Unbewußten heraufsteigt.<br />

Er soll Haller <strong>de</strong>n Einblick in seine eigene Seele eröffnen, welche bestrebt ist, das<br />

gestörte Gleichgewicht durch das vereinigen<strong>de</strong> Symbol <strong>de</strong>s Selbst<br />

wie<strong>de</strong>rherzustellen und <strong>de</strong>utlich machen, daß jene höhere Welt <strong>de</strong>r Unsterblichen,<br />

in <strong>de</strong>r Zeit und Raum aufgehoben sind und in <strong>de</strong>r die Paradoxie <strong>de</strong>s Lebens in <strong>de</strong>r<br />

Einheit <strong>de</strong>r Gegensätze aufgelöst ist, sich eigentlich in seiner eigenen Seele<br />

befin<strong>de</strong>t.<br />

Der Goethe-Traum wird an einer zentralen Stelle in <strong>de</strong>n Roman eingebaut und<br />

zwar nach <strong>de</strong>m Verzweiflungsausbruch Hallers bei <strong>de</strong>m Professor und nach <strong>de</strong>r<br />

unmittelbaren Begegnung mit Hermine und er nimmt die folgen<strong>de</strong> seelische<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Hauptgestalt vorweg. Diese für Haller so notwendige seelische<br />

Entwicklung wird durch die Metamorphose <strong>de</strong>s Traum-Goethe dargestellt:<br />

Zuerst erscheint Goethe alt, klein und sehr steif (HGW 7, 1970, S. 281) und<br />

34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!