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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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männlich besetzt ist, und damit suggeriert wird, daß das an<strong>de</strong>re Geschlecht, das<br />

weibliche, welches die Hälfte <strong>de</strong>r gesamten Menschheit ausmacht, <strong>de</strong>r<br />

Re<strong>de</strong>>kunst< von vornherein beraubt wird. Da die Re<strong>de</strong> jedoch eine Form <strong>de</strong>s<br />

verbalen o<strong>de</strong>r mentalen Sprachvermögens <strong>de</strong>s Menschen ist, die Sprache <strong>de</strong>m<br />

Menschen bzw. <strong>de</strong>r „Menschin“ erst Wür<strong>de</strong> verleiht und nach Aristoteles das<br />

Sprachvermögen <strong>de</strong>n Menschen sogar erst ausmacht, stellt sich die dringen<strong>de</strong><br />

Frage, warum dann hinsichtlich <strong>de</strong>r Definition <strong>de</strong>s Rhetorikbegriffs nur männliche<br />

Suffixe gebraucht wer<strong>de</strong>n. Die rein männlich <strong>de</strong>finierte Rhetorik nimmt <strong>de</strong>r Frau<br />

nicht nur das Recht, mit Bewußtsein und Wille sprechend ein Ziel zu erreichen,<br />

son<strong>de</strong>rn blen<strong>de</strong>t die Frau in ihrem Menschsein damit vollkommen aus.<br />

Das männliche Denken und damit die männliche Sprache verschleiert – bleiben wir<br />

bei unserem oben zitierten Beispiel – mit <strong>de</strong>n Worten „Sprecher“ und „Hörer“, daß<br />

die menschliche Gattung zweierlei Geschlechts ist. Sie wird nur von einem<br />

Geschlecht sprachlich vertreten und damit wer<strong>de</strong>n die Bewußtheit, <strong>de</strong>r Wille und<br />

die Zielgerichtetheit weiblichen Han<strong>de</strong>lns unterminiert. Die Dominanz <strong>de</strong>s<br />

männlichen Geschlechts hinsichtlich <strong>de</strong>r Definition <strong>de</strong>r menschlichen Gattung<br />

vereinnahmt damit die tatsächliche Aktivität <strong>de</strong>r Frau in ihrem Menschsein, das<br />

sich, wie oben schon erwähnt, durch das Sprachvermögen <strong>de</strong>finiert. Die reine<br />

Gebärtätigkeit, die <strong>de</strong>r Mann <strong>de</strong>m Menschsein <strong>de</strong>r Frau läßt, weil sie dadurch auch<br />

seinesgleichen zum Leben verhilft und so die gesamte Gattung physisch<br />

reproduziert, kann je<strong>de</strong>rzeit, ebenso wie die Zeugungsfähigkeit <strong>de</strong>s Mannes, auch<br />

auf die Stufe <strong>de</strong>s Tieres gestellt wer<strong>de</strong>n. Wenn aber einem Teil <strong>de</strong>r Menschheit die<br />

Sprache vorenthalten wird und er somit zum Schweigen verurteilt ist, beschnei<strong>de</strong>t<br />

man ihn in seiner freien menschlichen Entfaltung und in <strong>de</strong>r Konstituierung seiner<br />

Wirklichkeit. Wo aber bleibt <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Teil <strong>de</strong>r Menschheit? Muß er sich vom<br />

„Sprecher“ seine Sicht <strong>de</strong>r Welt vorschreiben lassen, muß er mitmachen als<br />

„Hörer“ und somit <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>s Sprechens kritiklos übernehmen? Muß er<br />

vielleicht sogar sein Geschlecht verleugnen, sich als Mann verklei<strong>de</strong>n, um<br />

sprechen zu können? O<strong>de</strong>r kann er auf sein sprachliches Grundsatzrecht pochen,<br />

das durch die Grammatik <strong>de</strong>m weiblichen Geschlecht notgedrungen Raum gibt,<br />

entsprechend <strong>de</strong>r Tatsache, daß <strong>de</strong>r Mensch männlich und weiblich ist? Vielleicht<br />

zeichnet sich doch die Hoffnung ab, daß sich die Frau auch die Möglichkeit <strong>de</strong>s<br />

Menschseins erkämpfen kann, daß es neben <strong>de</strong>m Menschen als Mann auch einen<br />

Menschen als Frau gibt, die genau dieselben Menschenrechte auf<br />

Selbstbestimmung und Wür<strong>de</strong> hat wie ihr männlicher Part. Existiert vielleicht doch<br />

eine Ausdrucksweise <strong>de</strong>r Frau jenseits <strong>de</strong>s männlichen Blickes und seiner<br />

Definitionsmacht?<br />

Die folgen<strong>de</strong>n Gesprächsanalysen beziehen sich in <strong>de</strong>r Hauptsache auf die<br />

Arbeiten von Senta Trömel-Plötz, <strong>de</strong>r Begrün<strong>de</strong>rin einer feministischen Linguistik in<br />

Deutschland, und auf die von ihr herausgegebenen Arbeiten ihrer zumeist<br />

amerikanischen Kolleginnen.<br />

In ihrem Buch Frauensprache: Sprache <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung, das in seiner ersten<br />

Auflage 1983 erschien, schil<strong>de</strong>rt sie, wie notwendig eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Sprache<br />

gera<strong>de</strong> für Frauen ist, weil <strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Bewußtwerdungsprozesses über Sprache läuft. So müßte sich ein neues<br />

geschlechtliches Bewußtsein durch eine neue Sprache ausdrücken. Von ihrem<br />

feministischen Hintergrund her sagt Trömel-Plötz:<br />

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