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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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allem jene, die zwiespältige Rezeptionshaltung <strong>de</strong>s Lesers <strong>de</strong>m Steppenwolf<br />

gegenüber vorwegzunehmen: das heißt einerseits die I<strong>de</strong>ntifikation mit Haller,<br />

an<strong>de</strong>rerseits die Verständnislosigkeit, die <strong>de</strong>r „normale Leser“ <strong>de</strong>m Steppenwolf<br />

entgegenbringt, vorauszuschicken.<br />

Nach <strong>de</strong>m Vorwort <strong>de</strong>s Herausgebers folgen die Aufzeichnungen <strong>de</strong>s<br />

Steppenwolfes in <strong>de</strong>r Ich-Erzählperspektive. Sie sind <strong>de</strong>r selbstkritische Bericht<br />

einer I<strong>de</strong>ntitätssuche. Einige Textteile, wie die Schil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Konzertbesuchs<br />

und das Bewun<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Araukarie aus <strong>de</strong>m Tagebuch, überschnei<strong>de</strong>n sich mit<br />

<strong>de</strong>m objektiven Bericht <strong>de</strong>s Herausgebers aus <strong>de</strong>m Vorwort, um das Vorwort zu<br />

beglaubigen.<br />

Eingefügt in die Aufzeichnungen ist <strong>de</strong>r Traktat vom Steppenwolf, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Anschein einer wissenschaftlichen Abhandlung hat und aus einer übergeordneten,<br />

auktorialen Erzählperspektive die Probleme Harry Hallers behan<strong>de</strong>lt.<br />

Das Einfügen <strong>de</strong>s Vorworts und <strong>de</strong>s Traktats in die Aufzeichnungen splittert die<br />

monologische Monotonie <strong>de</strong>s Steppenwolf-Tagebuchs auf und führt zu einem pluriperspektivischen<br />

Roman.<br />

Der Wechsel <strong>de</strong>r Erzählperspektive innerhalb <strong>de</strong>s Romans spiegelt, wenn auch<br />

nicht die Erfahrung <strong>de</strong>r Ich-Spaltung <strong>de</strong>r Hauptgestalt, dann doch die Tatsache,<br />

daß auktoriales sowie monoperspektivisches Erzählen nicht mehr fähig ist, die<br />

schillern<strong>de</strong> Vielfalt <strong>de</strong>s Lebens und <strong>de</strong>r menschlichen Psyche einzufangen.<br />

Daß sich Hesse für die Gleichzeitigkeit dreier Sichtweisen entschei<strong>de</strong>t, kann auch<br />

<strong>de</strong>m Einfluß <strong>de</strong>r Tiefenpsychologie zugeordnet wer<strong>de</strong>n, da die Wahrheit <strong>de</strong>r Seele<br />

relativ bleibt und nicht an<strong>de</strong>rs als im Schnittpunkt verschie<strong>de</strong>ner Perspektiven<br />

eingefangen wer<strong>de</strong>n kann. So ergänzen und korrigieren sich diese drei<br />

verschie<strong>de</strong>nen Blickpunkte im Laufe <strong>de</strong>s Romans beständig.<br />

Einschub <strong>de</strong>s Traktats vom Steppenwolf<br />

Beda Alleman hat <strong>de</strong>n Traktat vom Steppenwolf als „eine erste Ausprägung jener<br />

szientifisch-essayistischen Einschübe“ (Allemann, 1972, S. 319) gesehen, welche<br />

im Roman <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne <strong>de</strong>n linearen Handlungsablauf aufbrechen. Das Einfügen<br />

von Essays wird später von Robert Musil in seinem Mann ohne Eigenschaften so<br />

wie von Hermann Broch im dritten Teil <strong>de</strong>r Schlafwandler zu einer literarischen<br />

Technik erhoben, welche die Desintegration <strong>de</strong>s Weltbil<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>n Zerfall <strong>de</strong>r<br />

Werte ver<strong>de</strong>utlichen soll.<br />

Bei Hesse hat das Einfügen <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Abhandlung nur die Funktion,<br />

einen zusätzlichen Blickpunkt auf das Leben Hallers zu eröffnen, <strong>de</strong>m aber auch<br />

keine absolute Wahrheit zukommt. Ganz beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich hat Esselborn-<br />

Krumbiegel diesen Gedanken herausgearbeitet, in<strong>de</strong>m sie ausführt, daß die<br />

relative wissenschaftliche Wahrheit <strong>de</strong>s Traktats dadurch suggeriert wird, daß sich<br />

<strong>de</strong>ssen Erzählstil durch die Bezeichnung „Nur für Verrückte“ und <strong>de</strong>n<br />

märchenhaften Beginn an <strong>de</strong>n populär-wissenschaftlichen Stil <strong>de</strong>r Jahrmarkthefte<br />

annähert (Esselborn-Krumbiegel, S. 84 ). So bietet <strong>de</strong>nn auch diese objektive und<br />

verallgemeinern<strong>de</strong> Perspektive auf das Leben Harry Hallers keine endgültige<br />

Darstellung <strong>de</strong>r Steppenwolf-Problematik, son<strong>de</strong>rn ergänzt vielmehr die<br />

Tagebuchaufzeichnungen.<br />

Mehr noch – selbst im Traktat wer<strong>de</strong>n, wie das auch Peter Huber unterstreicht,<br />

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