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temeswarer beiträge zur germanistik - Facultatea de Litere, Istorie şi ...

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zwischen <strong>de</strong>m sinnlichen Trieb (Stofftrieb) und <strong>de</strong>m vernünftigen Trieb (Formtrieb).<br />

Bei<strong>de</strong> aneinan<strong>de</strong>r zu vermitteln und miteinan<strong>de</strong>r zu vereinbaren ist für ihn die<br />

Aufgabe <strong>de</strong>s Spieltriebes. Dieser wird „dahin gerichtet sein, die Zeit in <strong>de</strong>r Zeit<br />

aufzuheben, Wer<strong>de</strong>n mit absolutem Sein, Verän<strong>de</strong>rung mit I<strong>de</strong>ntität zu<br />

vereinbaren“, vor allem jedoch soll es seine Aufgabe sein, „<strong>de</strong>n Menschen sowohl<br />

physisch als moralisch in Freiheit zu setzen“ (S, 57), <strong>de</strong>nn „<strong>de</strong>r Mensch ist nur da<br />

ganz Mensch, wo er spielt“ (S, 63). Ist Gegenstand <strong>de</strong>s sinnlichen Triebes das<br />

Leben, jener <strong>de</strong>s Formtriebes die Gestalt, so ist – als <strong>de</strong>ren Synthese – Objekt <strong>de</strong>s<br />

Spieltriebes die „leben<strong>de</strong> Gestalt”, d.h. nach Schiller die Schönheit.<br />

Durch die Schönheit wird <strong>de</strong>r sinnliche Mensch <strong>zur</strong> Form und zum Denken<br />

geleitet; durch die Schönheit wird <strong>de</strong>r geistige Mensch <strong>zur</strong> Materie <strong>zur</strong>ückgeführt<br />

und <strong>de</strong>r Sinnenwelt wie<strong>de</strong>rgegeben [S, 71].<br />

Der Schönheitsbegriff wird so zum absoluten Integrationsbegriff, als sein Ausdruck<br />

gilt Schiller die Freiheit. Letztere hat ihr Wesen „nicht in <strong>de</strong>r Gesetzlosigkeit,<br />

son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Harmonie von Gesetzen“ (S, 73).<br />

Beispiel dieser Harmonie ist für Schiller die Welt <strong>de</strong>s antiken Griechentums.<br />

Hiermit befin<strong>de</strong>t er sich in <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Ästhetik, die seit<br />

Winckelmann und Lessing eine Synthese von Antikem und Mo<strong>de</strong>rnem anstrebte.<br />

Spielerische Leichtigkeit und Unbeschwertheit kennzeichnen <strong>de</strong>n<br />

Repräsentanten <strong>de</strong>r antiken Welt. Der Mensch <strong>de</strong>r griechischen Polis ist in das<br />

Leben <strong>de</strong>r Gemeinschaft auf selbstverständliche Weise integriert, er hat seinen<br />

wohl bestimmten und klar umrissenen Platz, ist Teil <strong>de</strong>rselben. Er erkennt sich im<br />

Chor <strong>de</strong>r Bürger wie<strong>de</strong>r, in <strong>de</strong>n Stücken seiner Dramatiker, er bestimmt das Leben<br />

<strong>de</strong>r Gesellschaft mit. „Er qualifiziert sich zum Repräsentanten seiner Zeit“ (S, 19)<br />

und stellt <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Gegenentwurf zum Bürger <strong>de</strong>s absolutistischen Zeitalters<br />

dar, in <strong>de</strong>m nämlich „<strong>de</strong>r Staat <strong>de</strong>n Bürgern fremd bleibt“ (S, 22). Die griechische<br />

Polis und die von ihr i<strong>de</strong>alerweise hergestellte Einheit von Individuum und Staat ist<br />

in diesem Sinne für Schiller mustergültig.<br />

Die Aufgabe <strong>de</strong>r ästhetischen Erziehung muß <strong>de</strong>mentsprechend in <strong>de</strong>r<br />

Versöhnung <strong>de</strong>r Mannigfaltigkeit <strong>de</strong>r Individuen mit <strong>de</strong>r Einheit <strong>de</strong>s Staates liegen,<br />

also eine politische sein.<br />

In letzter Konsequenz soll die angestrebte ästhetische Erziehung zu einem<br />

ästhetischen Staat führen, <strong>de</strong>r einerseits die Harmonisierung von Gegensätzlichem<br />

(Physischem und Ethischem) leistet, an<strong>de</strong>rerseits das „I<strong>de</strong>al <strong>de</strong>r Gleichheit“<br />

(S,128) verwirklichen soll. Schiller argumentiert gleich zu Beginn seines Essays<br />

wie folgt:<br />

Alle Verbesserung im Politischen soll von <strong>de</strong>r Veredlung <strong>de</strong>s Carakters<br />

ausgehen aber wie kann sich unter <strong>de</strong>n Einflüssen einer barbarischen<br />

Staatsverfassung <strong>de</strong>r Charakter vere<strong>de</strong>ln? Man müßte zu diesem Zwecke ein<br />

Werkzeug aufsuchen, welches <strong>de</strong>r Staat nicht hergibt, und Quellen dazu<br />

eröffnen, die sich bei aller politischer Ver<strong>de</strong>rbnis rein und lauter erhalten […]<br />

Dieses Werkzeug ist die Schöne Kunst, diese Quellen öffnen sich in ihren<br />

unsterblichen Mustern (S, 31/ 32).<br />

Allein das Ästhetische schafft, eben weil es in die Wirklichkeit nicht eingreifen<br />

kann, die Bedingungen vernünftigen Han<strong>de</strong>lns. Und es ist gera<strong>de</strong> das Schöne, so<br />

Schiller, das wir „als Individuum und Gattung zugleich“ (S, 126) zu geniessen<br />

vermögen.<br />

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