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Ausgabe 209

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>209</strong> / 21. 12. 2023<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

Aus dem Parlament<br />

11<br />

Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf<br />

Kein Meilenstein der Ideengeschichte<br />

Ideengeschichtlich spielt die Revolution<br />

von 1848 nach Meinung von Fabio Wolkenstein,<br />

Inhaber einer Tenure Track Professur<br />

am Institut für Politikwissenschaften der Uni -<br />

versität Wien für den Bereich „Transformationen<br />

der Demokratie“, allerdings nur „eine<br />

recht kleine Rolle“. Das zeige sich auch dar -<br />

an, daß es kaum „kanonische Texte“ aus dieser<br />

Zeit gebe, meinte er. Wesentlich bedeutsamer<br />

seien die französische und die ameriv.l.:<br />

Christoph Sonnlechner Wiener Stadt- und Landesarchiv, Christoph Konrath Parlamentsdirektion, Karin Schneider Parlamentsdirektion,<br />

Fabio Wolkenstein Universität Wien, Franz Leander Fillafer Österreichische Akademie der Wissenschaft, Parlamentsdirektor Harald Dossi,<br />

Brigitta Bader-Zaar Universität Wien und Clemens Jobst Universität Wien<br />

Vor 175 Jahren läutete die Revolution<br />

von 1848 den Beginn des modernen<br />

Parlamentarismus in Österreich ein. Im Zuge<br />

der „Märzrevolution“ legte der damalige<br />

Staatskanzler Metternich sein Amt zurück,<br />

Kaiser Ferdinand I. bewilligte Pressefreiheit<br />

und versprach eine parlamentarische Verfassung,<br />

die bereits kurze Zeit später – im April<br />

1848 – erlassen wurde. Am 22. Juli trat der<br />

Reichstag, die erste gewählte Volksvertretung,<br />

zum ersten Mal zusammen.<br />

Aus Anlaß des 175jährigen Jubiläums der<br />

Revolution lud die Parlamentsdirektion am<br />

Abend des 9. Oktober in Kooperation mit<br />

dem Wiener Stadt- und Landesarchiv zu<br />

einem Round-Table-Gespräch ins Parlament,<br />

das auch den Startschuß für eine neue Veranstaltungsreihe<br />

des Parlamentsarchivs un ter<br />

dem Titel „Parlament und Demokratie –<br />

gestern und heute“ bildete. Im Mittelpunkt<br />

der Diskussion standen Problemlagen, die<br />

1848 – oft zum ersten Mal – öffentlich verhandelt<br />

wurden. Es ging um Demokratie, die<br />

Verfassung und die soziale Ordnung. Zwar<br />

endete die Revolution schließlich blutig und<br />

der Reichstag wurde bereits im März 1849 –<br />

noch vor Beschluß eines Verfassungsentwurfs<br />

– wieder aufgelöst, dennoch hinterließ<br />

dieser mit der „Befreiung“ der Bauern aus<br />

dem bis dahin geltenden „Untertänigkeitsverhältnisses“<br />

ein bleibendes Vermächtnis.<br />

Welche Nachwirkungen die Revolution<br />

sonst noch hatte und ob bzw. inwieweit ihre<br />

Bedeutung in Österreich unterschätzt wird,<br />

darüber diskutierten unter der Moderation<br />

von Christoph Konrath (Parlamentsdirektion)<br />

die HistorikerInnen Franz Leander Fillafer<br />

und Birgitta Bader-Zaar, der Politikwissenschaftler<br />

Fabio Wolkenstein und der<br />

Wirtschaftshistoriker Clemens Jobst.<br />

Fillafer: Revolution von 1848 hat<br />

viele Entwicklungen beeinflußt<br />

Für Franz Leander Fillafer, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Institut für Kulturwissenschaften<br />

und Theatergeschichte der Ös -<br />

terreichischen Akademie der Wissenschaften<br />

(ÖAW), ist es jedenfalls unverständlich, daß<br />

die Revolution des Jahres 1848 für Österreich<br />

„so etwas Fernes ist“ und auch in der<br />

Wissenschaft ein wenig ein „Aschenbrödel-<br />

Dasein“ fristet. Immerhinv habe es sich da -<br />

mals um den erstmaligen Versuch gehandelt,<br />

einen multinationalen und multireligiösen<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

Ver fassungsstaat zu schaffen, sagte er. Auch<br />

sei die Revolution in Österreich kein „Wurm -<br />

fortsatz“ der deutschen Revolution gewesen,<br />

wie es des Öfteren beschrieben werde. Es<br />

habe eine kritische Masse gegeben, die die<br />

Revolution getragen habe. Daß die Revolution<br />

landläufig als gescheitert betrachtet wird,<br />

hat nach Ansicht von Fillafer auch damit zu<br />

tun, daß sie in den Nachfolgestaaten der<br />

Monarchie als Vorbote des Zerfalls der Monarchie<br />

darstellt werde, dabei habe sie viele<br />

weitere Entwicklungen – etwa den Rechtspositivismus<br />

– beeinflußt. Es gebe etliche<br />

Punkte, wo man die Forschung vertiefen<br />

müßte, so der Historiker.

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