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Ausgabe 209

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>209</strong> / 21. 12. 2023<br />

Wissenschaft & Technik<br />

Die Quantenphysik befindet<br />

sich an einem Wendepunkt<br />

152<br />

Österreich hat sich als internationaler Hotspot der Quantenforschung etabliert.<br />

ÖAW-Quantenphysikerin Francesca Ferlaino erklärt, wie es auch mit dem neuen<br />

Exzellenzcluster »Quantum Science Austria« des FWF gelingen soll, die heimische<br />

Quantenforschung auf der Überholspur zu halten…<br />

Österreichs Quantenforschung ist Weltklasse<br />

– das hat nicht zuletzt die Verleihung<br />

des Physik-Nobelpreises an Anton Zeilinger<br />

2022 bestätigt. Dazu beitragen, daß<br />

die heimische Grundlagenforschung diese<br />

Po sition festigen kann, wird der im Sommer<br />

2023 gestartete Exzellenzcluster „Quantum<br />

Science Austria“. Finanziert vom Wissenschaftsfonds<br />

FWF, bündeln darin mehrere<br />

wissenschaftliche Einrichtungen des Landes<br />

ihre Expertise, um den Austausch und Informationsgewinn<br />

zu stärken. Francesca Ferlaino,<br />

wissenschaftliche Direktorin des Instituts<br />

für Quantenoptik und Quanteninformation<br />

Innsbruck der Österreichischen Akademie<br />

der Wissenschaften (ÖAW) und ÖAW-<br />

Mitglied, repräsentiert in diesem quantenphysikalischen<br />

Großvorhaben die Akademie.<br />

Im Interview erklärt sie, wo die Forschungsschwerpunkte<br />

liegen und wie Österreich sei -<br />

ne Spitzenposition in der Quantenforschung<br />

sogar ausbauen könnte.<br />

Quantenphysikalische Netzwerke<br />

Warum brauchen wir den neuen Quanten-<br />

Exzellenzcluster?<br />

Francesca Ferlaino: Österreich war historisch<br />

gesehen immer ein Zentrum der Quantenphysik.<br />

Einige der Schlüsselideen sind hier<br />

entwickelt worden. Der Exzellenzcluster wird<br />

auf diesem fruchtbaren Boden aufbauen und<br />

die hervorragenden WissenschaftlerInnen im<br />

Land zusammenbringen. Es gab auch schon<br />

bisher sehr gute Quantenforschung in Österreich<br />

und im Umfeld der beiden großen Zentren<br />

in Wien und Innsbruck ist ein schönes<br />

nationales Netzwerk entstanden. Der Exzellenzcluster<br />

wird dafür sorgen, daß die Community<br />

weiter wachsen kann und wir weiterhin<br />

Spitzenforschung betreiben können.<br />

Foto: IQOQI Innsbruck/Martin Vandory<br />

Francesca Ferlaino, wissenschaftliche<br />

Direktorin des Instituts für Quantenoptik und<br />

Quanten nformation Innsbruck der<br />

Österreichischen Akademie der Wissenschaften<br />

(ÖAW) und ÖAW-Mitglied<br />

„Quantum Science Austria“ ist also nicht<br />

auf ein Institut beschränkt?<br />

Ferlaino: Der Exzellenzcluster soll möglichst<br />

inklusiv sein und „Verschränkungen“<br />

zwischen den ForscherInnen an verschiedenen<br />

Instituten erzeugen, wenn wir im Quantenjargon<br />

bleiben wollen. Das Netzwerk im<br />

Land soll so weiter wachsen, um den Austausch<br />

von Ideen und neue Kooperationen zu<br />

fördern. Wichtig ist, daß auch kleine Forschungsgruppen<br />

einen Beitrag leisten können.<br />

Wir laden alle QuantenphysikerInnen<br />

im Land ein, sich zu beteiligen. Wir werden<br />

an den Quantenzentren in Innsbruck, Linz<br />

und Wien aktiv nach neuen Ideen suchen<br />

und diese dann sehr flexibel und kooperativ<br />

umsetzen. Auch die Industrie und die Politik<br />

sind inzwischen auf die Quantenforschung<br />

aufmerksam geworden.<br />

Bekommen QuantenforscherInnen<br />

mehr Aufmerksamkeit als früher?<br />

Ferlaino: Die Quantenphysik befindet sich<br />

derzeit an einem Wendepunkt, weshalb der<br />

Exzellenzcluster auch genau zur rechten Zeit<br />

kommt. Auch die Industrie und die Politik sind<br />

inzwischen auf die Quantenforschung aufmerksam<br />

geworden, wie zum Beispiel am<br />

EU-Flaggschiffprojekt zum Thema zu er -<br />

kennen ist.<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

Verständnis vor Anwendung<br />

Sind vielversprechende Anwendungen wie<br />

Quantencomputer oder Quantensensoren<br />

der Grund?<br />

Ferlaino: Viele interessante praktische An -<br />

wendungen stehen kurz davor, Realität zu<br />

werden. Das Hauptziel des Exzellenzclusters<br />

ist aber, unser Verständnis der Quantenmechanik<br />

weiter auszubauen. Es gibt grundlegende<br />

Probleme, die gelöst werden müssen,<br />

bevor die Quantenphysik uns auf die nächste<br />

technologische Stufe heben kann. Jede neue<br />

Technologie ist am Ende eine Folge von er -<br />

folgreicher Grundlagenforschung, wie wir<br />

sie am Cluster betreiben wollen. In weiterer<br />

Folge werden daraus aber hoffentlich viele<br />

neue Anwendungsmöglichkeiten entstehen.<br />

Was ist der Grund für den<br />

neuen Quantenoptimismus?<br />

Ferlaino: Wir haben technisch in den vergangenen<br />

Jahren einen großen Schritt nach<br />

vorne gemacht und hervorragende neue<br />

Methoden entwickelt, um Quantensysteme<br />

exakt zu kontrollieren. Dadurch können wir<br />

jetzt komplexere und ergiebigere Experimen -<br />

te durchführen, die neue Einsichten erlauben<br />

und uns praktischen Anwendungen einen<br />

Schritt näher bringen.<br />

Wo werden die Schwerpunkte<br />

des Exzellenzclusters liegen?<br />

Ferlaino: Es gibt drei große Säulen: Quantengravitation,<br />

Quanteninformation und<br />

Quantenvielteilchensysteme.<br />

Relativitätstheorie<br />

Quantengravitation ist seit Einstein eine<br />

der großen offenen Fragen der Physik. Sind<br />

wir einer Antwort schon näher gekommen?<br />

Ferlaino: Forschung an der Schnittstelle von<br />

Quantenmechanik und Gravitation kann die<br />

Quantennatur der Raumzeit enträtseln. Wir<br />

wissen, daß die Quantenmechanik und die<br />

Re lativitätstheorie sich irgendwo berühren<br />

müssen, aber noch ist unklar, wie und wo ge -<br />

nau. Die Quantisierung des Gravitationsfel-

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