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Ausgabe 209

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>209</strong> / 21. 12. 2023<br />

Kultur<br />

163<br />

tes. Das straff reglementierte Gemeinwohl<br />

war stark an religiöse Vorstellungen gebunden.<br />

Dabei stellte St. Stephan, die zentrale<br />

Kirche der Stadt, einen wichtigen Brennpunkt<br />

dar. Sie stand unter städtischer Verwaltung,<br />

war Zentrum des religiösen Lebens<br />

und Repräsentationsbau der Landesherren.<br />

In der Sichtachse unserer Präsentation ist ein<br />

großes Modell des Stephansdoms zu sehen.<br />

Viele Highlights unserer Sammlung sind eng<br />

mit diesem Bauwerk verbunden. So lassen<br />

sich in diesem Kapitel der Dauerausstellung<br />

über die Raumkomposition gut Verknüpfungen<br />

zwischen den Kunstwerken, dem Bauwerk<br />

und zentralen Themen dieser Zeit er -<br />

zählen“, erläutert Michaela Kronberger, Ku -<br />

ratorin und Projektleiterin.<br />

Foto: Lisa Rastl / Wien Museum<br />

Foto: Lisa Rastl / Wien Museum<br />

Meine Geschichte – Residenz und Festungsstadt<br />

Meine Geschichte – Zweite osmanische Belagerung<br />

Eine Frage der Macht<br />

Residenz und Festungsstadt<br />

Wer hat das Sagen? Die Vertreter der<br />

Stadt mußten ihren Anspruch auf Selbstbestimmung<br />

immer wieder mit den Landesherren<br />

aushandeln. Als Wien zur dauerhaften<br />

Residenz der Habsburger wurde, bekam es<br />

die Macht der Herrscherfamilie besonders zu<br />

spüren.<br />

Auch die Religion spielte in diesen Auseinandersetzungen<br />

eine Rolle: Martin Luthers<br />

Forderung nach Reformen übte großen<br />

Druck auf die Kirche aus. Seine neuen Ideen<br />

erreichten Wien schnell und fanden hier<br />

viele AnhängerInnen. Doch die Habsburger<br />

hielten an der alten Lehre fest. Gemeinsam<br />

mit der katholischen Kirche begannen sie einen<br />

langen Kampf gegen die ProtestantInnen.<br />

Ein weiterer Konflikt bahnte sich an, als<br />

Ungarn Teil des Herrschaftsgebiets der Habs -<br />

burger wurde: Dort trat ihnen das Osmanische<br />

Reich als Konkurrent entgegen. Auch<br />

Wien war Schauplatz dieser Konfrontation<br />

und wurde daher zur Festungsstadt ausgebaut.<br />

Unter großen Anstrengungen der<br />

Bevölkerung und mithilfe von Bauleuten aus<br />

Italien und Deutschland entstanden in jahrzehntelanger<br />

Arbeit massive Verteidigungsanlagen.<br />

Sie prägten von da an das Stadtbild.<br />

„Nach der ersten Osmanischen Belagerung<br />

war offensichtlich, daß die mittelalterlichen<br />

Mauern der Stadt aufgrund neuer Entwicklungen<br />

in der Waffentechnologie keinen<br />

ausreichenden Schutz mehr bieten konnten.<br />

Ein neuer Verteidigungsring wurde unter der<br />

Federführung italienischer Festungsbauspezialisten<br />

geplant. Die Bauarbeiten verwandelten<br />

Wien für lange Jahre in eine Großbaustelle,<br />

auf der tausende Menschen, auch aus<br />

Böhmen und Italien, arbeiteten. Die neue<br />

Befestigungsanlage zählte zu den modernsten<br />

Festungsbauten im Reich und wurde<br />

zum oft abgebildeten Repräsentationsobjekt.<br />

Wir versuchen in diesem Kapitel auch die<br />

Menschen, die hinter der technischen Meisterleistung<br />

stehen, sichtbar zu machen“,<br />

ergänzt Michaela Kronberger.<br />

Die Zweite osmanische Belagerung<br />

Im Sommer 1683 stand ein osmanisches<br />

Heer vor der Stadt. Die Belagerung endete<br />

nach zwei Monaten mit der Befreiung Wiens.<br />

Viele Denkmäler erinnern an das Ereignis.<br />

Bilder und Geschichten darüber sind weitverbreitet<br />

und werden bis heute auch politisch<br />

vereinnahmt.<br />

Das Wien Museum war an der Überlieferung<br />

einer bestimmten Erzählung aktiv<br />

beteiligt: Im Mittelpunkt der Präsentationen<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

standen heldenhafte Anführer und das militärische<br />

Geschehen. Prominent zu sehen war<br />

die sogenannte Türkenbeute: osmanische<br />

Gegenstände, die bei der Befreiung angeblich<br />

aufgegriffen wurden. Dieser Raum versteht<br />

sich als Geschichtslabor. Denn die Er -<br />

forschung der Vergangenheit ist niemals ab -<br />

geschlossen: Sammlungsobjekte müssen im -<br />

mer wieder neu befragt, Ausstellungen überarbeitet<br />

werden. Steht die vermeintliche Beute<br />

tatsächlich mit der Belagerung in Verbindung?<br />

Und was passierte abseits der kriegerischen<br />

Auseinandersetzung?<br />

„Ein historisches Ereignis zu präsentieren,<br />

das immer noch für gegenwärtige politische<br />

Zwecke mißbraucht wird, stellt eine be -<br />

sondere Herausforderung dar. Im Raum über<br />

die Zweite osmanische Belagerung setzen

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