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Ausgabe 209

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>209</strong> / 21. 12. 2023<br />

Kultur<br />

175<br />

erkennbar: Heiligenkreuzer Mönche besiedelten<br />

innerhalb von zwei Jahrhunderten sieben<br />

weitere Zisterzienserabteien, namentlich<br />

Zwettl (1138), Baumgartenberg (1142), Czikador<br />

(1142), Marienberg (1197), Lilienfeld<br />

(1202), Goldenkron (1263) und Neuberg<br />

(1327).<br />

Schließlich ist auch auf die Leistungen<br />

der Mönche auf kulturellem Gebiet zu verweisen:<br />

Abgesehen von der Produktion wertvollster<br />

Handschriften (bis 1230 ist die Entstehung<br />

von 54 Codices in der Heiligenkreuzer<br />

Schreibstube nachweisbar) sind in diesem<br />

Zusammenhang vor allem die wissen schaft -<br />

lichen Leistungen einiger Mönche zu nennen,<br />

die, wie etwa Gutolf von Heiligenkreuz,<br />

zu den bedeutendsten Köpfen ihrer Zeit<br />

zählten.<br />

Das spätere Mittelalter stellte Heiligenkreuz<br />

vor vielfältige Herausforderungen.<br />

Schon seit dem 13. Jahrhundert nahm die<br />

Zahl der Heiligenkreuzer Mönche, nicht zu–<br />

letzt aufgrund des Aufschwungs der Bettelorden<br />

in den Städten, stark ab. Aber auch die<br />

große Pestepidemie in den 1340er-Jahren<br />

de zimierte den Konvent. Auch litt das Kloster<br />

schwer unter den politisch wechselhaften<br />

Zeiten. Durch die ständigen Kriege und<br />

durch die Auseinandersetzungen im Haus<br />

Habsburg stand das Stift mehrmals am Ran -<br />

de des Ruins. Fehden nahmen überall überhand.<br />

Söldnerbanden suchten Heiligenkreuz<br />

und seine Besitzungen heim. Hungersnöte<br />

brachen aus, weil die Ernte durch das kriegerische<br />

Treiben vernichtet oder nicht eingebracht<br />

werden konnte. Eine arge Inflation tat<br />

das übrige. Erst im ausgehenden 15. Jahrhundert<br />

beruhigte sich die Situation ein we -<br />

nig. Doch auch die Folgezeit brachte keine<br />

echte Besserung der Lage.<br />

Sehr zu leiden hatte das Kloster unter den<br />

Türkenkriegen von 1529 und 1532. Und auch<br />

die aufkommende Reformation stellte den<br />

Konvent vor so manches Problem. Nicht we -<br />

nige der Mönche verließen damals das Kloster.<br />

Personell stand es in den 1540er-Jahren<br />

vor dem Aus. Doch wendete sich das Blatt<br />

mit dem Abbatiat Konrad Schmids (1547-<br />

1558), unter dessen Leitung eine Phase der<br />

personellen, wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Konsolidierung eingeleitet wurde, die unter<br />

seinen Nachfolgern Abt Ulrich Müller (1558-<br />

1584) und Abt Johann Rueff (1585-1599)<br />

eine Fortsetzung fand. Die so bald wieder<br />

gefestigte Stellung des Stiftes machte auch<br />

die Inangriffnahme neuer Aufgaben möglich,<br />

wobei in diesem Zusammenhang vor<br />

allem auf die Pfarrseelsorge zu verweisen<br />

ist: Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts<br />

wurde sie systematisch in Angriff ge -<br />

nommen und entwickelte sich bald zu einem<br />

zentralen Betätigungsfeld der Mönche.<br />

Im 17. und 18. Jahrhundert gelangte Heiligenkreuz<br />

unter den Äbten Michael Schnabel<br />

(1637-1658), Klemens Schaeffer (1658-<br />

1693), Marian Schirmer (1693-1705), Gerhard<br />

Weichselberger (1705-1728), Robert<br />

Leeb (1728-1755) und Alberich Fritz (1756-<br />

1787) zu neuer Blüte. Sie manifestierte sich<br />

auf vielfache Weise. Hervorzuheben ist si -<br />

cherlich eine zweite von Heiligenkreuz ausgehende<br />

Filiationswelle: Unter Abt Klemens<br />

Schaeffer wurde eine Schar seiner Mönche<br />

in das Zisterzienserstift Säusenstein bei<br />

Ybbs entsandt, das dadurch vor seinem Un -<br />

tergang bewahrt wurde.<br />

Bedeutender war aber die unter Abt Ro -<br />

bert Leeb, freilich unter größten finanziellen<br />

Anstrengungen, vollzogene Erwerbung der<br />

seit 1570 dem Orden entfremdeten Zisterzienserabtei<br />

Sankt Gotthard in Ungarn, die<br />

1734 von Heiligenkreuz aus wiederbesiedelt<br />

wurde. Bis heute erkennbar ist der damalige<br />

Aufschwung des Klosters aber auch an einer<br />

regen Bautätigkeit: Im 17. und 18. Jahrhundert<br />

erhielt die (äußere) Klosteranlage von<br />

Heiligenkreuz ihr heutiges Aussehen. Ge -<br />

baut und ausgebaut wurde auch das Priorat<br />

Sankt Gotthard und der Wiener Heiligenkreuzerhof.<br />

Eine Reihe bedeutender Künstler<br />

arbeitete in dieser Zeit für das Stift, unter<br />

ihnen Michael Rottmayr, Martino Altomonte,<br />

Giovanni Giuliani und Raffael Donner.<br />

Durch die kirchlichen Reformpläne Jo -<br />

seph II. geriet auch Heiligenkreuz in arge<br />

Bedrängnis. Aufgrund der seelsorglichen<br />

Agenden der Mönche entging das Kloster<br />

aber seiner Aufhebung. Doch wurde dem<br />

Konvent ganze zehn Jahre lang die Aufnahme<br />

von Novizen untersagt, wodurch die Mitgliederzahl<br />

in diesem Zeitraum von 80 auf<br />

48 Mönche herabsank. Auch litt das mona-<br />

© Wikipedia / / CC-BY 4.0 / Erwin Pendl<br />

Stift Heiligenkreuz – „Vorhof“, Aquarell von Erwin Pendl um 1909<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at

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