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Ausgabe 209

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>209</strong> / 21. 12. 2023<br />

Kultur<br />

164<br />

wir bei unserer eigenen Ausstellungsgeschichte<br />

an und hinterfragen die bisher<br />

gezeigten Objekte und die damit verbundenen<br />

Erzählungen. Er ist bewußt so gestaltet,<br />

daß er ‚work in progress‘ zeigt und immer<br />

wieder verändert werden kann“, so Kuratorin<br />

Sarah Pichlkastner.<br />

Wie viel Ordnung muß sein?<br />

Barock und Aufklärung<br />

Was ist wichtiger: Freiheit oder Ordnung?<br />

Zwischen diesen beiden Polen fand<br />

die Entwicklung Wiens im 18. Jahrhundert<br />

statt. Die Aufklärung stellte alte Regelungen<br />

infrage. Religiöse Toleranz oder das Ende<br />

von Folter und Todesstrafe zeugten von einem<br />

neuen Menschenbild. Porträts aus dieser Zeit<br />

erzählen von zuvor undenkbaren Möglichkeiten<br />

individueller Entfaltung.<br />

Die Reformen und Veränderungen brachten<br />

aber auch mehr Kontrolle und Ordnung<br />

mit sich: Das macht etwa die Einführung der<br />

Unterrichtspflicht deutlich. Die Nützlichkeit<br />

des Einzelnen für den Staat trat in den<br />

Vordergrund. Für Kranke, Alte oder für<br />

Men schen mit Behinderungen wurden spezialisierte<br />

Fürsorgeeinrichtungen geschaffen.<br />

Wien wuchs zu einer der größten Städte<br />

Europas. Das Stadtbild veränderte sich: Bis<br />

zum neu angelegten Linienwall, dem heutigen<br />

Gürtel, entstand im Bereich der Vorstädte<br />

ein fast geschlossenes Siedlungsgebiet.<br />

„Das 18. Jahrhundert stellt eine wegweisende<br />

Epoche dar: Im Zeitalter der Aufklärung<br />

wurden viele Weichen in Richtung der<br />

gesellschaftspolitischen Werte und Normen<br />

gestellt, die unser Zusammenleben noch<br />

heute prägen. Unser Ziel war es, in diesem<br />

Be reich der Ausstellung auch das damals be -<br />

reits deutlich vorhandene Spannungsverhältnis<br />

zwischen individuellen Freiheiten und<br />

staatlichen Nützlichkeits- und Kontrollbestrebungen<br />

zu zeigen“, sagt Kuratorin Sarah<br />

Pichlkastner.<br />

Foto: Lisa Rastl / Wien Museum<br />

Foto: Lisa Rastl / Wien Museum<br />

Meine Geschichte – Barock und Aufklärung<br />

Meine Geschichte – Biedermeier und Vormärz<br />

Unter der Oberfläche<br />

Biedermeier und Vormärz<br />

Nach Jahrzehnten der Kriege in ganz<br />

Europa begann ab 1815 eine Phase der Stabilität.<br />

Aber welchen Preis zahlten die Menschen<br />

dafür? Unterdrückung, Überwachung<br />

und Zensur brachten die liberalen und demokratischen<br />

Ideen, die sich infolge der Französischen<br />

Revolution verbreitet hatten, zum<br />

Verstummen. Das Leben des städtischen Bür -<br />

gertums war daher vermehrt auf die Privatsphäre<br />

ausgerichtet. Es entwickelte sich eine<br />

besondere Wohn- und Freizeitkultur: das Wie -<br />

ner Biedermeier. Erstmals stellten KünstlerInnen<br />

den Alltag der Bevölkerung dar, aber<br />

nicht in seiner harten Realität.<br />

Was erzählen diese Bilder über Wien?<br />

Und was verbergen sie? Tatsächlich war die<br />

erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Zeitalter<br />

rascher technischer Veränderungen, in<br />

dem die Industrialisierung auch Wien<br />

erreichte. Unter der scheinbar idyllischen<br />

Oberfläche verbargen sich soziale Mißstände<br />

und politische Ungleichheit. Diese Spannungen<br />

entluden sich schließlich in der Re -<br />

volution von 1848.<br />

„In diesem Kapitel arbeiten wir intensiv<br />

mit räumlichen und optischen Eindrücken,<br />

um die sozialen, wirtschaftlichen und politischen<br />

Spannungen der Zeit für die BesucherInnen<br />

erfahrbar zu machen: Etwa mit einer<br />

zur Revolution von 1848 hin immer enger<br />

werdenden Raumflucht oder mit Statistiken<br />

und Wandzitaten, die soziale Mißstände ver -<br />

deutlichen und den Blick „unter die Oberfläche“<br />

ermöglichen sollen“, erläutert Elke<br />

Doppler, Kuratorin und Projektleiterin.<br />

Große Ambitionen:<br />

Die Ringstraßenzeit<br />

Als schnell wachsende Metropole zog<br />

Wien hunderttausende MigrantInnen an. Doch<br />

deren Hoffnungen auf ein besseres Leben<br />

wurden meist enttäuscht: Die Arbeitsbedingungen<br />

in den Fabriken waren erbärmlich,<br />

die Wohnsituation in den Unterkünften der<br />

ArbeiterInnen katastrophal.<br />

Aber was passiert, wenn der Boom kippt?<br />

Der Börsenkrach von 1873 zerstörte die<br />

Hoff nungen auf ein endloses Wachstum des<br />

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