Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
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Bockwurstbude. Bockwurst neunzig Pfennig, mit ’ner Scheibe Brot fünf Pfennig mehr, oder<br />
mit Kartoffelsalat einsfünfundachtzig, und ob nun das Ganze mit oder ohne Senf, das war<br />
egal. Und der Kaffe... schwarz achtzig Pfennig, und mit Milch und Zucker machte es fünfundachzig.<br />
Na nicht für mich, für mich alles gratis; ich kriegte das eine wie das andre spendiert.<br />
Und ich drückte mir die Bockwurst samt Brot rein (hätte auch Kartoffelsalat gekriegt;<br />
vorausgesetzt, der wäre schon angeliefert worden), und dann gab’s den Becher Kaffe... „Mit<br />
Milch und Zucker?“<br />
„Nee, nee, schwarz.“<br />
„Wie die Seele, wat?“<br />
„Ja so etwa.“<br />
„Und denn bei der Kirche arbeiten. Na wenn det mal jut jeht. Junge.“ – Tja, wenn das mal<br />
gut ging; was wusste denn ich; ich musste mich überraschen lassen, und so versprach ich erst<br />
einmal, August Moltrich zu grüßen, „nee, nee, vergeß’ ich nich’.“<br />
„Aber ihm nischt von Besuch sagen, hörste. Det schaff ich momentan nämlich nich’. Man<br />
hat ja tagtäglich so viel um’de Ohr’n. Allein schon die Familie, die frißt einen regelrecht uff.<br />
Sei man froh, dass’de noch keene hast. Fang bloß nich’ zu früh damit an.“<br />
„Nee, hab’ ich nich’ vor“, sagt’ ich und tippelte los, denn am Taxistand, schräg rüber von<br />
der Bockwurtbude, standen sie Schlage, mindestens 15 Leuten. Eh ich da zu was kam, und<br />
Anstehen war sowieso nicht mein Fall, also laufen. – Die Straße runter, die mir von der Frau<br />
gezeigte, und am Park vorbei gekommen, Park mit Schwanenteich, bog ich rechts rum um die<br />
Ecke. Und mein Koffer... na ja, nicht schwer, aber voll war er schon, und grad leicht nun auch<br />
wieder nicht, und dann noch die Aktentasche...also Darneute-Ortsausgang erreicht und auf die<br />
Chaussee gekommen, blieb ich stehen, setzte mein Gepäck ab, mit dem ich knappe zehn Kilometer<br />
zu wandern nun nicht gerade sonderlich Lust hatte; aber vielleicht kam ich ja per Anhalter<br />
weiter. – Ja, kam ich, wenn auch nicht auf Anhieb. Aber so nach ’ner Viertelstunde<br />
hielt ’n Laster, Fahrer guckt raus... „Wie weit willst’n, Kumpel?“<br />
„Bis Emmaus.“<br />
„Bis wohin?“<br />
„Emmaus?“<br />
„Wozu denn det?“<br />
„Ich arbeite da ab morgen.“<br />
„In Emmaus?“<br />
„Ja, im Altersheim.“<br />
„Ach so in Gottesruh. Na gut, dann steig ein. Ick muss nach Hirschwalde, ick fahr’ dich<br />
bis Bünow. Den Rest mußte loofen. Is’ aber von da aus nicht weit. Wenn du erst in Bünow<br />
bist, haste det Meiste geschafft.“ – Na das war ein Wort, und also stieg ich ein, und der Mann,<br />
so Anfang Dreißig, der fragte im Weiterfahren: „Wo kommst’n her?“<br />
„Aus Elbberge.“<br />
„Und warum verschlägt’s dich von da aus ausgerechnet nach Gottesruh? Biste besonders<br />
fromm?“<br />
„Nee, det nich’, aber ich wusst’ nich’ wohin. Ich hab’ keinen Studienplatz gekriegt.“<br />
„Ach so, det kenn’ ich. Mein jüngster Bruder, der is’ schlau für drei, sag’ ich dir, der hätt’<br />
sonstwas studier’n können, aber gelassen haben sie ihn trotzdem nich’. Der wusste erst auch<br />
nich’ wohin. Außer dass er Lehrer hätte werden können, aber ’n Pauker, det kam für ihn nich’<br />
in Frage. Also wat hat er jemacht: Is’ zur Armee gegangen, is’ Offizier geworden. Könnteste<br />
so wat nich’ auch werden?“<br />
„Doch, könnt’ ich, dafür geworben haben sie mächtig. Haben uns Jungs regelrecht bekniet<br />
– “<br />
„– und trotzdem haste Nee gesagt?“<br />
„Ja, hab’ ich.“<br />
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