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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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„Seh’ ich so aus?“<br />

„Sie, ich hab’ schon ganz andere Kaliber umfallen sehen. Kommen Sie mal davon ab,<br />

nicht Nein sagen zu können.“ – Und Schluss mit der Rede; Bruder Seibold schlug sich die<br />

Hand vor den Mund, stürzte zugleich aus der Küche, raus ins Freie, und schon hörte ich ihn<br />

auch kotzen. Und die Küchekräfte, gerade Tellerstapel in der Händen, um im Speisesaal die<br />

Tische zu decken, hörten es auch; Erklärendes konnt’ ich mir also sparen, als ich Frau Matzke<br />

jetzt bat, Gunhild und Christiane zu schicken, um in meinem Haus und im Haupthaus, Seibolds<br />

Revier, das Essen zu verteilen. Dies zu tun, den jungen Frauen vertraut; die halfen diesbezüglich<br />

immer mal aus. Und also war ich nun fix in der Lage, nach dem Migräne Geplagten<br />

zu schauen. Der lehnte kalkweißgesichtig und japsatmig an der Hauswand neben der Tür zum<br />

Speisesaal. – „Kommen Sie, ich bring’ Sie nach Hause.“<br />

„Nee, nee, das schaff’ ich allein. Aber wenn Sie vielleicht so freundlich wären, die<br />

Schweinerei hier wegzumachen.“<br />

„Ja, ja klar, kein Problem.“<br />

„Und dann sagen Sie bitte Bruder John oder dem Hausvater Bescheid, dass ich mich für<br />

heute verabschieden musste.“<br />

„Ja, ja, mach’ ich.“<br />

„Gut, dann werd’ ich mal geh’n.“<br />

„Soll ich nicht doch mitkommen.“<br />

„Nee, nee, die paar Schritte, die schaff’ ich. Wenn Sie sich um das andre kümmern, ist<br />

mir schon mächtig geholfen.“ – Und Bruder Seibold, sich von der Hauswand gelöst, machte<br />

sich auf den Heimweg. Und wie ich ihm noch so hinterschaue, denke, hoffentlich fällt er nicht<br />

um, kommt Bruder Lorenz mit den leeren Tabletts vom Haus 3 her des Wegs. – „Wo will<br />

denn Bruder Seibold hin?“<br />

„Der hat Migräne. Der geht nach Hause?“<br />

„Der geht nach Hause? Der hat aber Spätdienst.“<br />

„Ja, ja, den mach ich.“<br />

„Na so was, spuckt erst große Töne, und dann halst er Ihnen seinen Spätdienst auf.“<br />

„Der hat mir nichts aufgehalst. <strong>Das</strong> mit dem Spätdienst hab’ ich ihm angeboten.“<br />

„Und was ist das da für ’ne Sauerei?“<br />

„Bruder Seibold musst’ sich erbrechen, aber das mach’ ich gleich weg.“<br />

„Wieso Sie?, das kann doch eins von den Mädels machen.“<br />

„Nee, nicht nötig, das kann ich selbst.“<br />

„Na schön, wenn sie meinen.“<br />

Ja, meint’ ich, und aus der Küche zwei Eimer Wasser geholt, war die sogenannte Sauerei<br />

beseitigt. Und als ich Bruder John mitteilte, ich machte an diesem Abend Spätdienst, weil,<br />

weil... da hörte ich: „Ja, ja, Migräne ist schon was Scheußliches. Und außerdem: mit Bruder<br />

Seibold können Sie sich jeder Zeit ohne meine Zustimmung einigen. Ich mag zwar mitunter<br />

Seibolds rüde Ausdrucksweise nicht, wir sind hier schließlich nicht auf dem Bau, aber dass er<br />

sich auf Kosten Anderer durchschlägt, das werden Sie bei ihm nicht erleben. Wenn Bruder<br />

Seibold sich eine Arbeit abnehmen lässt, dann geht es ihm wirklich dreckig. <strong>Das</strong> ist keiner,<br />

der simuliert. Aber weil wir grad bei so was sind, Bruder Mathesius. Als ich Boche vorhin<br />

seine Tabletten gebracht habe, da hab’ ich gehört, wahrscheinlich würden Sie ihn morgen<br />

tagsüber betreuen.“<br />

„Ja, ja, stimmt, das ist richtig.“<br />

„Aber nicht in meinem Sinne, Bruder Mathesius. Ich habe den Lorenz auch schon in seine<br />

Schranken verwiesen. Der ist mir zum Glück gleich über den Weg gelaufen, als ich bei<br />

Boche raus bin. Hat grad Essen ausgeteilt. Also wenn ihm seine Bandscheiben zur Zeit tatsächlich<br />

zu schaffen machen, dann soll er mal den Hausvater um Hilfe angehen. Der hat die<br />

Zeit, ihm Boche abzunehmen, aber nicht Sie. Sie versorgen Boche morgen nicht. Und wenn<br />

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