Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
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auch besorgt, da war ich nicht kleinlich, aber sich den Erwin Schubert unter den Nagel reißen,<br />
das gab es nicht. Der hörte zu seiner Elli.“<br />
„Daran gab’s nichts zu rütteln?“<br />
„Nö, Bruder, daran gab es nichts zu rütteln..“<br />
„Na ja, dann kommen Sie mal aus’m Wasser. Genug gebadet für heute.“<br />
„Ja, war schön, Bruder. Aber wenn ich jetzt angezogen bin, dann revanchiere ich mich,<br />
dann mach’ ich Ihnen auch was Schönes, Bruder.“<br />
„Nee, müssen Sie nicht, Herr Schubert.“<br />
„Will ich aber. Außerdem kann ich dann gleich mal sehen, was Sie so für einen haben.“<br />
„Interessiert Sie denn so was.“<br />
„Ja, ja, das stammt noch aus meiner Zeit als Bademeister.“<br />
„Was war denn da?“<br />
„Na ja, immer die andern Kerle sehen, immer so Dreiviertel nackt. Da denkt man sich eines<br />
Tages unwillkürlich, was mag denn der für Einen haben, oder der da. Vielleicht einen<br />
größeren? Ob der vielleicht mehr hermacht, als das, was man selbst an sich hängen hat? Ich<br />
meine, letztlich war ich mit Meinem ja zufrieden, aber solche Gedanken sind mir trotzdem im<br />
Kopf rumgegangen.“<br />
„Und? Haben Sie mal was zu sehen gekriegt?“<br />
„Nö, wie denn? Lässt doch keiner vorm Bademeister die Hosen runter. Und irgendwann<br />
ist dann mein Interesse an so was auch wieder erlahmt. Aber eine Weile war es schon ganz<br />
heftig. Mitunter dachte ich schon so bei mir: ‚Mensch, Mensch, Du wirst doch nicht etwa ein<br />
warmer Bruder werden.‘ Aber davon bin ich zum Glück verschont worden. Solche Katastrophe<br />
hat es Gott sei Dank nicht gegeben. Denn das wäre ja eine geworden. Stellen Sie sich mal<br />
vor, ich hätte eines Tages meine Elli links liegen lassen und stattdessen was mit ihrem Bruder<br />
angefangen. Der hat nämlich bei uns gewohnt. Kalle mussten wir mit ernähren, sonst hätt’ er<br />
betteln gehen müssen. Dem waren nämlich im Krieg vierzehn-achtzehn beide Beine flöten<br />
gegangen. Und eine Frau, die sich um ihn hätte kümmern können, hat er nicht gehabt. Wie<br />
sollte er auch ohne Beine zu was kommen. Und vorm Krieg hatte sich in dieser Hinsicht noch<br />
nichts für ihn ergeben. War er zu schüchtern gewesen. Na ja, Kalle war ja auch noch zehn<br />
Jahre jünger als ich, der war neunzehnhundertvierzehn bei der Mobilmachung grade mal achtzehn.<br />
Der hatte noch nicht einmal ’ne Frau gestöpselt, aber sich freiwillig an die Front melden.<br />
Aber wer von uns war damals nicht verbohrt. Wir wollten doch alle für Deutschland und<br />
den Kaiser die Kohlen aus dem Feuer holen. Und was dem Kalle dann passiert ist, hätte mir<br />
genauso passieren können. Und dass ich vorm Krieg schon was mit Frauen gehabt hatte, das<br />
hätte mir nach dem Schlamassel, wäre ich ohne Beine nach Hause gekommen, auch nichts<br />
genützt. Bei so was nützen einem keine Erinnerungen, so was braucht man in dem Moment,<br />
wo es einen ankommt. – So, jetzt bin ich so weit, Bruder. Nun lassen Sie sich von mir mal<br />
ganz getrost die Hose aufmachen.“<br />
„Nee, Herr Schubert, lieber nicht. <strong>Das</strong> in der Wanne, da hätt’ ich schon rechtzeitig die<br />
Hände von Ihnen weggekriegt, wenn Einer reingekommen wäre. Aber ich hier so im Stehen,<br />
das ist mir zu riskant.“<br />
„Na gut, aber grundsätzlich hätten Sie nichts dagegen, sich von mir was machen zu lassen?“<br />
„Nee, das nich’, aber nun nich’ grad hier.“<br />
„Dann lassen Sie uns doch woanders hingehen, Bruder. Vielleicht runter in den Keller,<br />
wo Sie morgens immer die vollgeschissenen Laken ausspülen, oder wie wäre es denn bei Ihnen<br />
im Zimmer?“<br />
„Warten sie mal –“<br />
Ich langte nach meiner Uhr, die ich nach dem Hantieren im Wasser noch nicht wieder am<br />
Handgelenk hatte, und nun sah ich, es war mächtig viel Zeit draufgegangen; zehn nach halb<br />
drei inzwischen. – „Wissen Sie, wie spät es ist? In zwanzig Minuten muss ich wieder im<br />
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