Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
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einsten Fraß vorsetzen. Und das glaub’ ich auch, dass das da so zugeht. Für uns Alte haben<br />
doch die Kommunisten schon gar nichts übrig. Und also seh’ ich mich jetzt vor. Ja nicht noch<br />
mal Flecke im Bett.“<br />
„Wieso, ich würde Sie doch deshalb nicht anschwärzen.“<br />
„Nö, nö, das glaub’ ich Ihnen, sonst würde ich ja auch nicht so offen mit Ihnen reden,<br />
aber sonntags, da hat hier doch alle zwei Wochen ein Anderer Dienst, und nun lassen Sie den<br />
mal mein Bett aufschlagen. Und dann sind Sie womöglich gleich mit dran, weil sie mir das<br />
haben durchgehen lassen.“<br />
„Und deshalb machen Sie nun nichts mehr an sich?“<br />
„Na ja hier am Tage nicht, nö. Wo auch, wo man doch nicht mal von innen die Toilette<br />
abschließen kann. Auf der Toilette geht es nur nachts, wenn hier sonst keiner rumläuft. Außerdem<br />
kann man nachts die Tür einen Spalt breit auflassen, und dann kriegt man schon mit,<br />
wenn zufällig einer über den Flur kommt.“<br />
„Aber Sie sind doch noch gut zu Fuß. Warum geh’n Sie nicht tagsüber einfach in’ Wald.<br />
Brauchen sich doch bloß vorne beim Hausvater oder bei Bruder John abzumelden, und dann<br />
geh’n Sie los.“<br />
„Ja, ja, hab’ ich ja schon gemacht, Bruder. Ist aber nur was für die Zeit, wo es warm ist.<br />
Im Winter frier’ ich mir da draußen doch einen ab. Hol’ ich mir sonstwas weg. Und außerdem:<br />
die Sehnsucht nach ein bisschen Gestreicheltwerden, die ist ja nicht dadurch weg, dass<br />
mir... wie soll ich das vor Ihnen sagen, ich meine halbwegs manierlich –“<br />
„– warum halbwegs manierlich? Sagen Sie’s, wie Sie’s denken. Zu mir, da dürfen Sie<br />
das.“<br />
„Ja, ja, das glaube ich Ihnen, Bruder. Und das ist es ja auch eigentlich, warum ich überhaupt<br />
meinen Mund aufmache. Zu Ihnen da habe ich Vertrauen. Also, wie ist es, wenn Sie<br />
mich nächstes Mal in der Badewanne haben? Seifen sie mich da mal so ganz behutsam von<br />
oben bis unten ab? Sie haben so schöne zarte Hände. Beinahe wie meine Elli, als sie noch<br />
jung war. Und geliebt hat sie mich, sag’ ich Ihnen. Die war doch erst einundzwanzig, als wir<br />
geheiratet haben. Also ich war schon dreiunddreißig, aber Elli war erst einundzwanzig. Sehen<br />
Sie, und da denkt man als Mann, man hat ausgesorgt, so eine Junge, die überlebt einen. Und<br />
was war? Mit achtundfuffzig Krebs, und ein halbes Jahr später lag sie auf’m Friedhof. Und da<br />
stand ich nun da mit meinen einundsiebzig Jahren, und da hat meine Ingelore, was meine<br />
Tochter ist, die hat gesagt: ‚Papa, geh ins Altersheim. Muss auch in keins vom Staat sein. Ich<br />
hab’ mit Pastor Kluth gesprochen. Der bringt dich in Emmaus unter. Da hättest du es gut, hat<br />
er gesagt.‘ – Na ja, also wenn Sie mich fragen, Bruder, entweder hat es unser Pastor nicht<br />
besser gewusst, oder er hat gelogen. <strong>Das</strong>s ich es hier gut hätte, das kann ich nicht unterschreiben.<br />
Aber das sag’ ich nur zu Ihnen, Sie machen so’n Änständigen und Sie lassen auch mal<br />
mit sich reden. Außerdem, wenn man Sie anspricht, dann heißt das nie: Bleiben Sie mir von<br />
der Pelle, ich hab’ keine Zeit.“<br />
„So sagt das hier niemand.“<br />
„Nö, aber so meinen sie es alle. Wenn man die anspricht, hat man immer das Gefühl, man<br />
stört. Ja, ja, so ist es hier. Aber nun sagen Sie mal, wann soll ich denn nun baden?“<br />
„Schlafen Sie über Mittag?“<br />
„Über Mittag, nö.“<br />
„Na dann morgen in meiner Mittagspause. Da kann ich mir viel Zeit für Sie lassen.“<br />
„Und dann waschen Sie mich überall ab, ja?“<br />
„Wenn Sie wollen.“<br />
„Und ob ich das will. Aber nicht den Waschlappen nehmen, so mit den bloßen Händen,<br />
ja.“<br />
„Gut, mach ich.“<br />
„Sie, da freu’ ich mich aber. <strong>Das</strong> werd’ ich genießen. Aber Sie, noch was. Sie wissen<br />
doch, eine Hand wäscht die andre. Wann baden denn Sie für gewöhnlich?“<br />
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