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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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„Ja, ja, aber so müde nun auch wieder nicht. Na los, steck dir meinen Prügel mal zwischen<br />

die Kiemen.“<br />

„Und was soll daraus werden?“<br />

„<strong>Das</strong> werden wir ja sehen. Vielleicht verpass ich Dir ja noch mal ’ne Ladung.“<br />

„Ich hab’ aber keine mehr nötig.“<br />

„Komm, red nicht, solch Hurenloch wie deins ist doch mit einmal nicht abgefüllt, das<br />

willst’ mir doch nicht erzählen.“<br />

„Ich will Ihnen gar nichts erzählen, Herr Boche, aber jetzt geh’ ich die Ente ausschütten,<br />

und dann seh’ ich zu, dass ich ins Bett komme.“ Und in dem kam ich an, mich auf Herrn Boche<br />

kein zweites Mal eingelassen, drei Minuten vor vier, und ich stellte mir wie immer vorsichtshalber<br />

den Wecker; den Opachen Emil allmorgendlich deaktivierte, bevor er mich<br />

wachgrabbelte, mir ’ne Morgenlatte machte, um sich an ihr zu weiden. Vom Wecker schnöde<br />

in den Tag geschrillt zu werden, war mir in Gottesruh bisher erspart geblieben. Kein Wunder,<br />

dass ich nicht wusste, wie mir geschah, als es mir, ich von Herrn Boche gekommen und<br />

kurz nach vier eingeschlafen, kurz vor sechs zum ersten Mal widerfuhr. Opachen Emil ausgeblieben;<br />

mir schwante nichts Gutes, und angezogen war ich im Nu, musst’ wissen, was war,<br />

und sah es, aus meinem Zimmer gekommen, auf Anhieb. Opachen Emil lag reglos am Fuße<br />

der Treppe zum Obergeschoß, schien ohne Besinnung, lag in Erbrochenem; an der Stirn eine<br />

Platzwunde.– Ich lief rüber zum Haupthaus, um Hilfe zu holen, und die Morgenandacht fiel<br />

an diesem Tage aus; Emil Ziegenrücker galt’s zu versorgen. Der wurde eine Stunde später,<br />

der Anstaltsarzt einen Kreislaufkollaps diagnostiziert, ins Klinikum Darneute eingeliefert. Da<br />

war er wieder bei Besinnung, und die Kreislaufattacke erwies sich als nicht lebensbedrohend,<br />

aber ich sah Opachen Emil dennoch nicht wieder; dies an dieser Stelle gleich schon mal mit<br />

erzählt. Herr Ziegenrücker hatte sich beim Sturz auf der Treppe einen Oberschenkelhalsbruch<br />

zugezogen, und das nun sture Liegenmüssen bescherte dem Mann nach knapp zwei Wochen<br />

eine Lungenentzündung, und die brachte ihn um. Und Bruder John kommentierte, den Anruf<br />

aus dem Klinikum entgegengenommen: „Na ja, nun hat er seine Ruhe, der unruhige Geist.<br />

Der machte doch immer den Eindruck, als hätte er Hummeln im Hintern, so als würde er<br />

ständig nach was suchen. Da wollen wir mal für ihn beten, dass er das nun wenigstens beim<br />

lieben Gott findet.“<br />

10<br />

Bruder Seibold und ich nach dem Frühstück auf dem Weg zum Wirtschaftshof, um aus<br />

einem der ehemaligen Ställe, nun das Möbeldepot, Ersatz für ein paar im Speisesaal ausrangierte<br />

Stühle zu holen, denn.... was für ein Tag, schon wieder ein Unfall... der Krankenwagen<br />

mit Herrn Ziegenrücker knapp mal zehn Minuten weg, war beim Frühstück einer der Alten<br />

mit seinem Stuhl zusammengebrochen, was böse hätte ausgehen können, zum Glück nicht<br />

böse ausgegangen war, der Mann sich nichts getan, aber trotzdem: nochmals solch Malheur<br />

bitte nicht, und also war nach dem Frühstück eine Inspektion aller Stühle des Speisesaals<br />

dringend geboten, und nun waren Bruder Seibold und ich auf Geheiß des Hausvaters auf dem<br />

Weg zum Wirtschaftshof, für alles vorsichtshalber Ausrangierte Ersatz ranzuschaffen, und<br />

wie wir da so gehen, die Kiefern hinterm Anwesen im Blick, da werd’ ich gefragt: „War’n Sie<br />

eigentlich schon mal im Wald, Kollege?“<br />

„Im Wald? Nee.“<br />

„Und wie lange sind Sie inzwischen schon hier?“<br />

„Heute sind es vier Wochen.“<br />

„Und die ganze Zeit nichts als gearbeitet? Sich nicht mal Mittagspausen gegönnt?“<br />

„Nee, bisher nicht, aber das hört jetzt auf. Ich denk’ mal, ich hab’ hier jetzt alles so einigermaßen<br />

im Griff.“<br />

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