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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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„Ick und wat vergessen? Nee, Bruder, det werden’se bei mir nich’ erleben. Und nun sagen<br />

Sie mal, wann ick morgens kommen soll. So fünf, Viertel sechs?“<br />

„Um Gotteswillen, warum soll ich denn so früh aus’m Bett? Wenn sie fünf vor sechs<br />

kommen, reicht es. Ich bin doch ruckzuck angezogen, und viel waschen tu ich mich morgens<br />

sowieso nich’.“<br />

„Nee, deshalb is’et ja ooch nich’. Aber det is’ für’n Kreislauf nich’ jut, wenn Sie aus’m<br />

Bett springen und dann gleich haste wat kannste. Steh’n Sie wenigstens schon so kurz nach<br />

halb uff, dann müssen Sie sich nich’ so hetzen, und außerdem hätten wir ’n Momentchen Zeit<br />

für einander, könnten wir noch ’n paar Worte wechseln, wir beede.“<br />

„Na gut, meinetwegen. Kommen Sie so zwanzig vor sechs.“<br />

„Ja, mach’ ick, Bruder. Zehn nach halb sechs bin ick hier, darauf können Sie sich verlassen.<br />

Und nun sagen Sie mir mal noch, wie ick sie da vorfinde. Im Pyjama, oder haben Sie im<br />

Bette ’n Nachthemd an?“<br />

„Weder das eine, noch das andere. Ich schlaf immer nackt.“<br />

„So janz ohne oder in Unterbuxen?“<br />

„Nee, nee, nich’ in ’ner Unterhose. Ich behalt’ nachts überhaupt nichts an.“<br />

„Na guck mal einer an, jenauso wie mein Herr früher, der Herr von Bütow. Der hat sich<br />

ooch immer ins Bett jepackt, wie Jott ihn geschaffen hat. Und da lag er denn in all seiner<br />

Pracht. Die reinste Augenweide, sag’ ick Ihnen. Wenn ick heutzutage dran denke, wird mir<br />

immer noch janz anders. – Na ja, aber nun werd’ ick mal langsam verschwinden, sonst denken<br />

Sie noch, ick will hier gleich mit übernachten. So, als wär’ ick wirklich Ihr Kammerdiener.<br />

Aber die Zeiten sind vorbei. Jetzt bin ick ’n Ausrangierter. Na ja, wie et einem so jeht,<br />

wenn man alt is’. Da kann man schon froh sein, wenn eener wenigstens so nett is’, wie Sie,<br />

Bruder. Oder wie der, der hier vorher gewohnt hat. Der hat mir ooch gezeigt, dass ick noch<br />

nich’ so janz und jar unnütz bin. Und ick bin auch schon mit fast nischt zufrieden, Hauptsache<br />

’n bisschen behilflich sein. Wenigstens morgens, wenn es so’n jungen Mann mächtig pressiert.<br />

Für den is’et denn ’ne Wohltat, und mir macht er damit ’ne Freude. Sie, aber wenn Sie<br />

abends mal fix und fertig sind... ick meine, die Arbeit hier, die hat’et ja in sich, da kann’et<br />

schon mal vorkommen, dass Sie sich einfach nich’ mehr rühren mögen. Müssen Sie ooch<br />

nicht. Een Wort von Ihnen, und ick komme, und dann zieh ick Sie aus und bring’ ick Sie ins<br />

Bette.“<br />

„Hat mein Vorgänger das manchmal gewollt?“<br />

„Nee, nee, so weit jing’et nich’. Abends, det hat er sich nich’ jetraut. Aber der hat sich ja<br />

Vielet nich’ getraut. Hat ooch nich’ nackt geschlafen. Immer mit Nachthemd. Wat andret kam<br />

für den nich’ in Frage, so verklemmt wie der war. Der hat sich doch selbst noch für’s Natürlichste<br />

jeschämt. Aber anjekommen is’et ihn trotzdem. Morgens jedenfalls. Da hatte sich immer<br />

mächtig wat in ihm angestaut... na ja, wie det so is’ in so jungen Jahren, da pressiert’s<br />

eben und denn steckt selbst der Verkrümmteste den Kopp raus, und so war det mit dem Bruder<br />

Schulze. Morgens kam er nich’ drum herum. Hat sich aber jedesmal wieder geschämt,<br />

dass et ihm nötig gewesen war. Ja, ja, so war der. Na ja, sein Vadder Pastor und der Junge<br />

wird jetzt ooch eener. Da is’ det wohl so. Da geht nischt ohne Gewissensbisse ab, ooch<br />

wenn’se denen letztlich nischt nützen. Wat woll’n Sie denn mal werden? Kommen’se ooch<br />

aus’m Pfarrhaushalt?“<br />

„Nee, mein Vater hat ’n Taxiunternehmen. Und was ich mal werden will... na eigentlich<br />

Arzt, aber bisher hab’ ich keinen Studienplatz gekriegt.“<br />

„Ach so is’ det mit Ihnen. Na dann werd’ ick jetzt mal davonschleichen. Und morgen<br />

früh Punkt halb sechs bin ick wieder zur Stelle.“<br />

„Zehn nach haben wir ausgemacht.“<br />

„Ja, ja wecken, det is’ klar, da halt ick ma dran, aber wenn ick schon ’n bisschen früher<br />

hier bin, dann kann ick noch ’n Momentchen zugucken, wie Sie schlafen. Aber ja nich’ über<br />

Nacht abschließen, sonst komm’ ick morgen früh nich’ rin. Abschließen tu ich, wenn ick drin<br />

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