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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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mich mitgeschleift. Du, ich denk’ mal, wenn ich ma nicht freiwllig hingegeben hätte, der hätt’<br />

ma da glatt verjewaltigt. Aber det war ja nich’ nötig, ich hab’ ma ja brav aufreißen lassen.<br />

Und det war ooch jut, obwohl ich vorher ja schon mächtig wat drin gehabt hatte, aber jut war<br />

es trotzdem, und det hat er immer mal wieder mit mir gemacht, wenn er nachts schwimmen<br />

gegangen ist. Anders nich’. Zu ihm ins Zimmer, det durft ich nich’, det hat er mir nich’ erlaubt,<br />

und deshalb war auch Schluss, als es auf’n Herbst zuging, und ’n Sommer später hat er<br />

mich nich’ mehr gewollt, da hat er sich nachts mit’m Jüngeren getroffen, mit eenem von den<br />

Kranken unten aus’m Dorf, is’er mit dem rin in’ Wald. Det hat’ma natürlich erstmal mächtig<br />

jegrämt, weil: der Boche, der hatte nich’ nur so’n mächtigen Knochen, der hatte ooch mächtig<br />

viel Ausdauer. Der hat’ma manchmal ’ne janze Stunde nich’ aus’n Klauen gelassen. Immer<br />

noch mal, und noch mal. Det war schon wat Schönes. Aber wat nun mal nich’ mehr war, det<br />

war nun mal nich’ und irgendwann hatt’ ick denn ja ooch den Erich Winkelmann. Mit dem<br />

bin ick immer hinten hinter die Scheune. Hat nur leider nich’ lange gedauert, nur so etwa ’n<br />

halbes Jahr, dann hat der Erich keenen mehr hoch gekriegt. War ick wieder alleen auf det angewiesen,<br />

wat sich so nachts im Wald ergeben hat, aber det wurd’ immer weniger, so als<br />

wenn die Ficker da unten im Emmaus für mich nach und nach aussterben würden. – Du, Bruderchen<br />

Enkelchen, pfopfst’ma noch mal? Ick lutsch’n dir ooch hart, ja.“<br />

Ja, das hätte er wohl bewerkstelligt gekriegt, ich hätt’ garantiert reagiert, denn nach allem,<br />

was ich grad gehört hatte, hätt’ ich vermutlich, obwohl mir der Haut-und-Knochen-<br />

Arsch vom Opachen Emil eigentlich nix sagte; der war doch erotisch entwertet, aber trotzdem...<br />

nee, nix mit trotzdem, plötzlich schrillte der Wecker, und der schrillte zwölf Minuten<br />

vor sechs.<br />

„Ick muss geh’n“, japste mein Gast, war so flink im Anziehen wie vorher im Ausziehen,<br />

und dann.... „Bis später, Bruderchen Enkelchen. Bist wirklich wat Noblet. Und nu beeil’da,<br />

dass’de ja nich’ zu spät kommst“... und sogleich machte Opachen Emil meine Zimmertür<br />

einen Schlitz weit auf; ich sah förmlich, wie das Männeken die Ohren spitzte, und die Luft<br />

war wohl rein, denn husch, war das Männeken raus. Und ich stieg in die Hosen, zog den Vorhang<br />

zur Seite, öffnete das Fenster und ging ins Badezimmer, das für alle im Erdgeschoß<br />

Wohnenden. Der Raum mit Waschbecken, Badewanne, Wäschespinde etc., der befand direkt<br />

meinem Zimmer gegenüber, zwei Schritte gradaus über’n Flur. Und Punkt Viertel nach sechs<br />

war ich im blau-grau gestreiften Diakonskittel zum Andachthalten im Büro des Hausvaters.<br />

Und die Andacht... na ja, so das Übliche: Drei Strophen eines Chorals, alle gemeinsam, dann<br />

der Hausvater mit der Lesung des Bibeltextes, den Jahr für Jahr und für jeden Tag, den Gott<br />

werden lässt, die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeinde ausgeben, und abschließend,<br />

wieder alle gemeinsam, das Vaterunser-Gebet. Und Amen. Und somit war’s sechs Uhr dreißig;<br />

wir alle geistlich gerüstet, jauchzet, frohlocket... na dann mal los, auf in den Dienst, dessen<br />

erste Etappe allmorgendlich darin bestand, sich jenen Heimbewohnern zuzuwenden, die<br />

ohne Hilfe nicht in den Tag kamen. – „Na dann schließen Sie sich mir mal an, Bruder Mathesius.<br />

Ich zeige Ihnen wie es geht.“, sagte Bruder John, der auch gleich sagte, dass ich das, was<br />

er mir jetzt zeigen würde, vom nächsten Tag an womöglich nicht gleich ohne weiteres, aber<br />

im Großen und Ganzen allein zu bewerkstelligen hätte. Drüben in meinem Revier, da wo ich<br />

wohnte, da im Haus 2; für diesen Bereich wäre ich künftig so quasi allein zuständig, was<br />

eigentlich so nicht vorgesehen wäre, eigentlich gehörte da ein Voll-Diakon hin, und überhaupt<br />

jedem Diakon in jedem Haus eine Hilfskraft zur Seite, aber wo so viel Personal schon hernehmen.<br />

„Na ja, Sie werden es schon schaffen, Bruder Mathesius. Kräftig sind Sie, und wenn<br />

Sie gehörig motiviert sind, arbeiten Sie auch tüchtig was weg.“<br />

6<br />

<strong>Das</strong> Haus 2 – Zehn Zweibettzimmer, zwei Dreibett-Zimmer, gleich 26 Bewohner, fünf<br />

davon bettlägerig, viere im Rollstuhl, so lernt’ ich es am ersten Morgen noch vor dem Früh-<br />

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