Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
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„Ja, ja, ich weiß schon, ich weiß, aber... ja, immer feste, schön dolle, ihr Richard, der<br />
braucht’et, der braucht Sie, det is’ doch so herrlich, ach, is’ det schön. Ja, geben Sie’s mir,<br />
Bruder, schön dolle, Bruder, ja feste –“ Und feste, fürwahr, was denn sonst; mich jagte die<br />
Gier, ich hackte drauflos, und einen Steinwurf weit, hinterm Hollundergesträuch und andere<br />
Seite der Straße... hoffentlich schlief, was da Gottesruh hieß; alles nur Alte, die ich da<br />
kriegte, und diesen Scheiß Lorenz, die Nuss, und ich braucht’nen Vulkan, und jetzt hatte ich<br />
ihn, und Gottesruh war mir egal; rammeln wollt’ ich, rammeln musst’ ich, und von heut aus<br />
betrachtet, war’s wohl der blanke Irrsinn, aber damals... was scherte mich die Vernunft?. Hin<br />
hielt sich ein Kerl, und dem kochte der Anus, und nun stieg’s mir, nun kam’s mir... „Richard,<br />
du, Richard, jetzt kriegst es –“<br />
„ – ja, ja, ich weiß schon, ich spür’s ja.“<br />
„Ja, spürst det?“<br />
„Ja, ja, Sie haben’s mir verpasst. Alles rin, ich bin voll –“<br />
„– du, hör auf, nich’ so laut, und bleib steh’n.“<br />
„Klar bleib’ ich steh’n. Wo soll ich denn hin, wo is’ denn det schöner? Sie, wenn Sie<br />
wollen, dann los doch, dann noch mal.“<br />
„Nee, Richard, noch mal, das geht nicht. Jetzt kann ich wirklich nicht mehr.“<br />
„Aber mich küssen, Bruder, det können Sie bestimmt noch.“<br />
„Ja, ja, gleich, bleib mal noch ’n Augenblick so steh’n. <strong>Das</strong> fühlt sich mächtig gut an, ich<br />
so tief in dir drin. Wenn wir jetzt im Bett lägen, würde ich so mit dir einschlafen.“<br />
„Und ich mit Ihnen, Bruder, aber vorher noch küssen. Küssen is’ Liebe.“<br />
„Und was is’ Ficken?“<br />
„Det is’ eben Ficken. Woll’n Sie nich’ doch noch mal?“<br />
„Nee, nee jetzt nich’ mehr, jetzt wirst’n los. – So, und nun dreh dich um. Komm her, lass<br />
dich küssen.“ – Und was ich soeben gehört hatte: Küssen wäre die Liebe, und Ficken wär’<br />
Ficken, dem maß ich keine Bedeutung bei; wenn es für Richard so war, dann war’s eben so.<br />
Ich dachte nicht weiter drüber nach, und hätt’ drüber nachdenken sollen, wie ich an dem Tag<br />
nach der nächsten Nacht vernahm. Sagt doch Sonntag der Klaus, sprich Bruder Böhme, der<br />
Sattlermeister: „Du, hör mal, Jochen, mit andern Insassen lass dich mal nicht ganz so tief ein,<br />
wie jetzt mit unsern Leutchen hier. Ich meine das mit dem Küssen. Zu solcher Intimität sollte<br />
man es mit den Kranken nicht kommen lassen. Mit dem Küssen verbinden sie nämlich was<br />
anderes als mit der Fickerei. Wenn du dich mit ihnen küsst, kann Dir passieren, dass du ihnen<br />
das Gefühl vermittelst, jetzt liebst du sie, und das kann ja auch durchaus mal der Fall sein,<br />
dass du dich in einen von denen verknallst, und dagegen gibt’s auch gar nichts zu sagen, solange<br />
du es trotzdem beim rein Geschlechtlichen belässt. Durchnehmen kannst du sie bedenkenlos,<br />
wenn sie sich dir anbieten. Und wenn du einen von denen animierst, dass er’s dir verpasst,<br />
erwächst dir daraus auch nichts, was dir schaden könnte. Erfahrungsgemäß fühlen sich<br />
solche dann lediglich geehrt, weil du sie auserkoren hast, dir einen Dienst zu erweisen. Der<br />
Bruder hat sie andern vorgezogen, und deshalb fressen sie dem Bruder aus der Hand. Aber<br />
das Küssen, das nimmt den Burschen jegliche Distanz, da halten sie sich so quasi für Deinesgleichen,<br />
und von dem Moment an sind sie, wenn du Pech hast, nicht mehr zu steuern. Und<br />
dazu darfst du es nicht kommen lassen, sonst kannst du in Emmaus einpacken. Wobei du dir<br />
jetzt um unsere Vier hier keine Gedanken zu machen brauchst, die haben Erich und ich unter<br />
Kontrolle. Die wagen sich dir gegenüber garantiert nichts Ungebührliches. Aber im Allgemeinen<br />
solltest du Insassen nicht so dicht an dich rankommen lassen. Sie nie mit deinen Maßstäben<br />
messen, Jochen. Keiner ist ohne Grund hier. Was man ja den meisten auch schon ansieht,<br />
oder man hört’s, sobald sie den Mund aufmachen, aber das gilt nicht für alle. Unsere<br />
Vier machen ja von vornherein auch nicht gleich den Eindruck, als wären sie psychisch irreparabel<br />
geschädigt. Sind sie aber, und zwar allesamt. Also Vorsicht, wenn du an den Insassen<br />
deine spezielle Freude haben willst. Die kannst du hier jederzeit haben, aber nie die Leine aus<br />
der Hand geben. Hört sich für dich jetzt vielleicht grausam an, aber die sind hier nun mal alle-<br />
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