Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
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schon lange im Verfall begriffenen alten Elbberger Güterbahnhof. Zu Jochen nach Hause, das<br />
ging nicht; der wohnte, obwohl schon um die Dreißig, noch bei den Eltern. – Na schön, den<br />
Jochen, den kannte mein Vater vermutlich nicht, aber wen mein Vater desto besser kannte,<br />
das war der Herr Koltwig, Vaters Bücherrevisor. Der kam zu uns ins Haus, und wenn da außer<br />
mir keiner war, was oft vorkam, weil meine Mutter als mitarbeitende Ehefrau ja auch Taxi<br />
fuhr, dann hat Bücherrevisor Koltwig halt mal hinlangt, nämlich zu mir, und ich ihm stets und<br />
ständig gefällig; vielleicht auch dies der Grund, dass Herr Koltwig, sich an mir abgerammelt,<br />
mit meiner Eltern Buchführung gnädig umging, sprich: Er hat sie frisiert. Sehr geschickt; wir<br />
lebten nicht schlecht davon. Was auch ich schon überblicken konnte, und ich wollt’ nix vermasseln,<br />
und ich wollt’ überhaupt niemanden preisgeben, den mein Vater womöglich hätte<br />
belangen können, und wenn’s aus Eifersucht gewesen wäre, also sagt’ ich, als ich da in Altenburg<br />
von meinem Erzeuger gefragt wurde, wer mich vor ihm schon so alles gehabt hätte,<br />
ob er davon wen kennte: „Nee, kennste nich’, kannt’ ich selbst nicht, war’n auch nicht Viele..<br />
Mal einer in Schwerin beim Pressefest, und dann mal einer in Dömitz –“<br />
„– in Dömitz? Als du bei Tante Lisel zu Besuch warst?“<br />
„Ja, ja, dies Jahr in den Osternferien.“<br />
„Und wo da in Dömitz?“<br />
„<strong>Das</strong> war ’n bisschen außerhalb. Nicht weit von den Müllbergen. Da is’ da kurz dahinter<br />
so’n kleenes Birkenwäldchen, und da hat er mich so einfach im Steh’n.“<br />
„Und was war das für einer? Ich meine, wie alt?“<br />
„So etwa wie du vielleicht?“<br />
„Und der Halunke da auf dem Pressefest in Schwerin? Wie alt war der?“<br />
„Der war jünger. Vielleicht achtundzwanzig oder neunundzwanzig. <strong>Das</strong> war einer der<br />
Mitwirkenden. So einer aus ’ner Volkstanzgruppe.“<br />
„Und das war der Erste?“<br />
„Nee, nee, das war nicht der Erste. Der Erste, das war einer, der war in Lerleburg auf<br />
Montage. Den hab‘ ich getroffen, da bin ich mal wieder von der FDJ-Kreisleitung gekommen<br />
und wollte zum Busbahnhof. Und da hat ’n Mann mit’m Laster angehalten und mich gefragt,<br />
ob ich wüsste, wo es nach Elbberge rausginge. Na ja, und als er gehört hat, da wollt’ ich auch<br />
grad hin, da hat er mich dann gleich mitgenommen.“<br />
„Und dich unterwegs vergewaltigt, oder wie?“<br />
„Quatsch. Wie kommst denn auf so was? Der hat mich doch nicht vergewaltigt. Der is’<br />
nix als auf mich eingegangen, als er gemerkt hat, ich find’ ihn sympathisch.“<br />
„<strong>Das</strong> heißt, du hast dich an ihn rangeschmissen?“<br />
„Na ja so ähnlich. Jedenfalls hat er was gemerkt. Und da hat er kurz vor Elbberge angehalten.<br />
Da an der ehemaligen Korbflechterei. Die würde leerstehen, die hätten sie stillgelegt,<br />
hab’ ich gesagt. Na ja, und da is’ er dann mit mir rein.“<br />
„Und dann ging’s los?“<br />
„Ja, ja, da hat er mich dann am Schluss auch gefickt. Auf einer von den Bänken, die da<br />
noch rumstehen.<br />
„Und wie hat er’s gemacht? Auch so mit Spucke wie ich?“<br />
„Ja, ja, auch so mit Spucke.“<br />
„Ganz schön verantwortungslos. Oder hat er gedacht, dich hatte schon vorher mal einer?“<br />
„Ja, ja, hat er.“<br />
„<strong>Das</strong> heißt, der hat dich gefragt, und Du hast gesagt, dich hätten sie schon?“<br />
„Ja, ja, so war das.“<br />
„Und woher wusstest Du, dass es so was gibt, so was unter Männern?“<br />
„Weiß ich nich’, das wusst’ ich eben.“<br />
„Komisch.“<br />
„Wieso, was is’n daran komisch. Du hast doch die Nacht gesagt, als du in meinem Alter<br />
warst, da hast du so was auch schon gekannt“<br />
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