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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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mein Sohn, da kann gar nichts schiefgehen: Ein richtiger Mathesius, macht sich die Frauen<br />

untertan. Und wie so was abläuft, hast du letzte Nacht ja gesehen. <strong>Das</strong> Mädel konnt’ doch gar<br />

nicht genug von mir kriegen. Und so einer, bei dem die Weiber Schlange stehen, wirst du<br />

auch mal. Irgendwann hört das auf, dass du dir an den Hintern gehen lässt. Da gehst du allenfalls<br />

Andern an’ Hintern. Na so wie ich, wenn ich mal ’ne Abwechslung brauche. – Mensch,<br />

Sohnemann, war das ’ne feine Nacht heut Nacht. Erst zweimal das Mädel und dann auch noch<br />

dich.“<br />

„Hättest du mich eigentlich auch rangenommen, wenn es mit mir und der Frau geklappt<br />

hätte?“<br />

„Na und ob. Was denkst du denn, warum ich das alles arrangiert hab’?.“<br />

„Ach wirklich schon deshalb?“<br />

„Na klar, was denn sonst, bist doch im richtigen Alter. Da dacht’ ich, jetzt oder nie. Is’<br />

die Gelegenheit, dich rumzukriegen. Und hat ja auch geklappt, und nun wissen wir, woran wir<br />

sind, und nun kriegst du das öfter.“ – Ja, kriegt’ ich, und dies so oft es sich ergab, und mein<br />

Vater sorgte dafür, dass es sich oft ergab. Oft in Elbberge und auch nicht grad selten auf<br />

Herrn Bücherrevisor Koltwigs Nebenbei-Grundstück kurz vor Lanz. Soll heißen: Ulrich<br />

Koltwig, der Uli, hatte zu meines Vaters Angebot nicht Nein gesagt, und mein Vater erfuhr<br />

nie, dass er nur was legalisierte, was es längst gegeben hatte. Koltwig ein Schlawiner nicht<br />

nur im Bücherfrisieren fürs Steuernhinterziehen. Als der sich das erste Mal im Beisein meines<br />

Vaters über mich hergemacht hat, konnte es perfekter nach einem ersten Mal nun wirklich<br />

nicht aussehen. – „Komm, sei nicht so zaghaft, Uli, der Junge verträgt was. Da brauchst’ keine<br />

Hemmungen zu haben“, sagte mein Vater.<br />

„Na gut, wenn du’s sagst“, murmelte Herr Koltwig, und es war reinweg zum Piepen, wie<br />

das da ablief. Der Mann sich an mir gewiss schon an die dreißig Mal verlustiert, und dies ohne<br />

mit der Wimper zu zucken, und nun... na ja, das gespielt Zögerliche gab sich; meinen Vater<br />

gründlich genug hinters Licht geführt, ging mit Koltwig wieder die Post ab, wie ich’s seit<br />

je gewohnt war: Herhalten, was aushalten. Und da mir solches zusagte, atmete ich nicht etwa<br />

auf, als ich Elbberge zu verlassen hatte. Der Abschied fiel mir nicht leicht, als ich am 31.Juli<br />

’62, vier Tage nach meinem 19.Geburtstag, nach Emmaus übersiedelte. – Dorf-Gemeinde<br />

Emmaus, die Gnadenfelder Anstalten. Wo ich geistig Behinderte, psychisch Geschädigte sowie<br />

Epileptiker vorfände, so war ich informiert worden. Und der Anstalt beigeordnet ein nicht<br />

allein der Emmaus-Gemeinde verpflichtetes Alters- und Pflegeheim; namens Gottesruh. So<br />

weit dort die Kapazität reichte, stand Gottesruh jedem in die Jahre gekommenen Manne offen.<br />

Und in diesem Anwesen, etwas abseits des allgemeinen Anstaltsgeschehens gelegen, war<br />

ich nun als Diakonischer Helfer untergekommen; Pfarrer Banse, der Werner, mir dorthin tatsächlich<br />

den Weg geebnet. – Na ja, irgendwie war es mir der Mann ja auch schuldig, dem ich<br />

nie was schuldig geblieben war, auch nicht, als ich meinem Vater und Uli Koltwig im Doppelpack<br />

dann eines Tages nie was schuldig geblieben war. Ich hatte mich doch trotzdem weiterhin<br />

sozusagen „außer Haus“ getummelt. Warum denn was aufgeben oder links liegen lassen?<br />

Was ich meinem Vater nicht auf die Nase band. Nie. Denn ich denk’ mal, mein Vater,<br />

moralisch nicht kleinlich, wäre mir dennoch moralisch gekommen. Mit so was wie: Alles<br />

ziemt sich nicht für alle, und schon gar nicht an seinem Sohn. Und das sah ich nun doch<br />

grundlegend anders. Und grundlegend anders als mein Erzeuger sah ich auch meine Zukunft.<br />

Vater mich zum Bahnhof gefahren, zum Zug gebracht, hieß es: „Nun sieh mal zu, dass du<br />

endlich zu einem Mädel kommst.“<br />

„Da in Emmaus gibt’s aber keine, hat Pfarrer Banse gesagt. <strong>Das</strong> wär’ da ein reines <strong>Männerdorf</strong>..“<br />

„Ja, ja aber du hast doch auch mal frei. Und Banse hat doch gesagt, hast du gesagt, nach<br />

Darneute kämst du mit dem Bus, und von dort würde alle zehn Minuten die S-Bahn nach<br />

Berlin reinfahren. Also, was willst du noch mehr. Mach hin und greif zu. Bist doch jetzt<br />

neunzehn und hast inzwischen ja auch einen wahnsinnigen Hammer an dir hängen, da wird es<br />

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