Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer
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„Wieso, wat is’ denn? Seid ihr etwa nich’ mehr interessiert?“<br />
„Komm, hör uff, Waldemar, det gehört jetzt nich’ hier her.“<br />
„Ja, warum denn nich’, Harri?“<br />
„Weil’et nich’ not tut.“<br />
„Merkst wat, Jochen, allet sollste nich’ mitkriegen.“<br />
„Ja, ja, hab’ ich schon gemerkt. Aber sag’ mal trotzdem, worum es geht.“<br />
„Na um ihn hier und sein sauberes Brüderchen –“<br />
„– nee, Waldemar, hör uff damit, det muss jetzt wirklich nich’ sein.“<br />
„Doch Waldemar, sag’s mal, wat los is’.“<br />
„Nee, hört uff, Waldemar, jetzt nischt von dem Thema.“<br />
„Doch Waldemar, schieß mal los. Worum geht’s denn?“<br />
„Na dass Harri und Gottfried gern –“<br />
„– nee, Schluss jetzt, Waldemar, lieber bums’ma. Komm, ich bock’ma für dich uff .“<br />
„Nee, Harri, lass sein, ich brauch’ mein Pulver für Gitta. – Also hör zu, Jochen, er und<br />
sein Bruder, die woll’n –“<br />
„– du, Jochen, bitte, gloob ihm keen Wort.“<br />
„Ja, ja, lass ihn doch mal ausreden. Was is’ denn, Waldemar?“<br />
„Na dass die beeden auch ganz gern mal janz wat Junget ficken. Zum Beispiel die von<br />
uns aus’m ersten Lehrjahr.“ – Und da nun sprang Harri auf, und der quäkte: „Du bist gemein,<br />
Waldemar, hundsgemein biste jetzt, aber mach mal so weiter, det wirst’ noch bereu’n“, und<br />
schon war er weg, der Harri und Waldemar sagte lässigen Tonfalls: „Lass’n loofen, Jochen.<br />
Wenn er sich abgeregt hat, kommt er wieder.“<br />
„Ja, ja, aber wo is’ er denn hin?“<br />
„Garantiert nich’ weiter als bis in die Küche, und det wird’ma jetzt nich’ davon abhalten,<br />
dir noch fix reinen Wein einzuschenken, und dann geh’ ick runter, Gitta beschälen, aber vorher...<br />
also hör zu, ick arbeite im Baukombinat in Hirschwalde, det is’n riesiger Betrieb, so alle<br />
Baugewerke gebündelt, und da bin ich eener von den Lehrausbildern, eener für die Maurer.<br />
Und dadurch is’et nu mal für mich nich’ schwer, mir den eenen oder andern von unsern Lehrlingen<br />
rauszupicken, und wenn mir der Junge dann eindeutig uff’n Leim gegangen is’, führ’<br />
ick’n Harri und Gottfried zu, und det passiert dann in dem Häuschen von’nem Freund von<br />
mir. Det is’ der Christian. Christian Möckel heißt’ er. Der is’ so Anfang vierzig. Is ooch ’n<br />
Lehrausbilder, eener bei den Zimmerleuten. Und der fischt genauso wie ick allet ab, wat sich<br />
abfischen lässt, und dadurch kriegen’wa nicht grad wenige von unseren Stiften ins Boot. Immer<br />
erstet Lehrjahr. Da sind’se meistens noch so janz und jar unbeleckt. Die reinsten Unschuldslämmer.<br />
Tappen noch in jede Falle. Musst nur die richtigen Tricks kennen, denn wikkelste<br />
dir die Bürschchen eins fix drei um’ Finger, und denn tun’se dir jeden Gefallen. Fraglich<br />
is’ nur, wie lange det noch Lehrlinge gibt, die erst vierzehn oder fuffzehn sind. Früher<br />
waren’se ja nie älter, wenn sie bei uns angefangen haben, aber seit’se vor’n paar Jahren diese<br />
Zehn-Klassen-Schulen eingeführt haben, da kommen ja nich’ mehr massenweise welche raus<br />
nach der Achten. Und außerdem is’ im Baugewerbe ooch schon mehr und mehr die Rede<br />
davon, dass’wa bald nur Lehrlinge nehmen wollen, die’n Zehnte-Klasse-Abschluss haben. Is’<br />
zwar der reinste Schwachsinn, wozu det, det braucht sowieso keener, der Maurer oder Dachdecker<br />
oder Zimmermann werden will, aber kommen wird’et eines Tages so, det seh’ ich<br />
schon vor mir. Und denn müssen sich Harri und Gottfried nach wem andern umkucken, der<br />
ihnen det junge Gemüse zukommen lässt. Wobei: bisher is’et ja noch nich’ so weit. Da können’se<br />
noch regelmäßig so kurz vor Hirschwalde in Christian sein’ Häuschen eintrudeln. Det<br />
hat er von seinen Eltern geerbt. Is wat kleenet, is’ eigentlich nich’ viel mehr als ’ne Hütte.<br />
Zwee Zimmerchen und dazu ’ne Küche, und oben noch ’ne kleene Kammer, und im Jarten ’n<br />
Plumsklo. Mehr is’ nich’. Aber für Christian, da reicht’det, und er is’ sein eigener Herr. Kann<br />
da sonstwat veranstalten, da kräht da keen Hahn nach. – So nun weeßt det, warum Harri und<br />
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