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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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auch ran, sagte, nee lallte: „Ach kiek mal an, zwee Turteltäubchen. Mensch, verzieh’ dich,<br />

Junge, Harri muss heim. Komm, reiß dich los, Harri.“<br />

„Ja, ja, ich komm’ ja. Wieviel hast’n schon wieder getrunken?“<br />

„Du, nich’ in Gegenwart von dem da. Det is’n Frommer und ich bin ein Schwein, aber det<br />

muss er nicht wissen, det jeht ihn nischt an. Hau ab, Junge, verzieh’da, sonst kann ich für<br />

nischt garantier’n.“<br />

„Ja, ja, Jochen, geh’, geh’ nach Haus.“ – Und ich nickte, und ich drehte mich um, und ich<br />

ging und ich ging, und mir war durchaus nicht gemütlich zumute; weg wollt’ ich, weg, aber<br />

das sollt’ ja nicht so aussehen, als wär’ ich ’n Hasenfuß, und ich entfernte mich gemäßigten<br />

Schritts; Harri würde schon nicht zulassen, dass dieser Arnold hinter mir herlief, und wenn’s<br />

doch passierte... ‚Ihm in die Eier treten‘, dacht ich, ‚mit’m Knie oder so. Irgendwie komm’<br />

ich schon weg.‘ Und ich spitzte die Ohren, aber was ich dann hinter mir hörte, klang nach<br />

Entwarnung: da sprang jetzt ’n Motor an, und ich schaute mich um, da war ich schon kurz<br />

vorm Ortsschild, kurz vor der ersten Straßenlampe, und ich sah, dass sie dahinten jetzt abfuhren.<br />

Und in mir ein Aufatmen: Weg war’n sie, weg, und ich setzte mich, wo ich da stand, an<br />

den Straßenrand, und grad mich gesetzt... „Hallo Gotttesruh-Bruder, ich bin’s, Bruder, der<br />

Richard. Dreh’n sich mal um, ich steh hier am Baum.“<br />

„Und was machst du da? Hast’ wieder die Hosen runtergelassen?“<br />

„Nee, noch nich’. Soll ich?“<br />

„Nee, nee, um Gotteswillen, lass’se an.“ Und ich stand auf, und ich ging zu auf den Rochard,<br />

und das waren nur drei oder vier Schritte. – „Wo kommst’n jetzt her?“<br />

„Na ich bin durch’n Wald gelaufen. So wie Sie mit’m Harri. Nur ich weiter hier oben,<br />

damit ihr mich nich’ hört.. Aber ich, ich hab’ alles gehört, wie Sie mit’m Harri da rumgelegen<br />

haben. Und vorher det mit dem Chef und mit Ihnen, det hab’ ich auch mitgekriegt. Hat<br />

weh getan, stimmt’s? Der Offizier, der Chef, der macht doch immer nischt ran. Aber ich hab’<br />

det gern, dann juckt det so schön. – Wollen wir hinter die Kirche geh’n, Bruder? Hier an’er<br />

Straße is’ doof. Und hier vorn im Wald sitzt es sich nicht gut, zu viele Knüppel.. Aber hinter<br />

der Kirche is’ne Wiese. Und da is’et stockdunkel, und da läuft auch keener rum, weil so nahe<br />

an’er Kirche, da haben sie alle Angst vorm lieben Gott. Aber ich nich’. Mit mir können Sie da<br />

hingehen.“<br />

„Und was soll da passier’n?“<br />

„Na uns unterhalten. Zum Beispiel über das von morgen, wenn Sie bei unsern Pflegevätern<br />

zu Besuch sind, bei Bruder Kurze und bei Bruder Böhme. Da sind Sie doch für morgen<br />

Abend eingeladen.“<br />

„Sag mal, wie dicht warst’n du vorhin an uns dran, dass du das alles mit anhör’n konntest?“<br />

„Dicht genug. Ich bin da in so’n Granatenloch gerutscht, das noch aus’m Krieg stammt.<br />

Aber det von morgen Abend, det wusst’ ich schon vorher. <strong>Das</strong> haben uns unsre Pflegeväter<br />

erzählt, dass, wenn wir von unsrer Wohngruppe Glück haben, hätten wir’et morgen Abend<br />

schön, ich und Albert, und Herbert und Helmut auch. – Sie, Bruder, wollen wir nich’ lieber<br />

rüber hinter die Kirche. Da könnt’ ich auch gleich ’ne Idee mit Ihnen kuscheln. Mehr wollen<br />

Sie vielleicht nich’ mehr, weil Harri Sie ja schon ausgelutscht hat, und det is’ ja noch nich’<br />

lange her, det war ja grad erst.“<br />

„Weißt du, wie spät es is’, Richard?“<br />

„Ja, warten Sie, ich hab’ von drüben, von meinen Pateneltern aus Bielefeld, da hab’ ich<br />

’ne Armbanduhr mit Leuchtzeigern. Det is’... warten Sie, ich hab’s gleich, det is’ jetzt genau...<br />

acht Minuten nach halb zwei is’et. – Gut, stimmt’s?, ich kann die Uhr lesen. Det kann<br />

hier nämlich nich’ jeder. Von unserer Wohngruppe kann det nur noch Albert so richtig. Bei<br />

Herbert und Helmut, da dürfen Sie sich nich’ drauf verlassen. Bei denen, da hapert’s. Jedenfalls,<br />

wenn sie deprimiert sind. Dann können sie vor lauter Heulen reineweg gar nischt mehr<br />

seh’n. Dann muss Bruder Böhme bei der Arbeit ohne sie auskommen, und nachts müssen’se<br />

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