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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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„Na da, direkt vor Ihnen.“<br />

„Ach ja –“<br />

„So, und nun mal schön gründlich.“<br />

„Ja, mach ich.“<br />

„Und wenn ich dann raus bin aus der Wanne, könnten Sie mich eigentlich auch gleich<br />

noch massieren. <strong>Das</strong> haben Sie doch in Ihrer Ausbildung gelernt, oder?“<br />

„Ja, ja, das gehörte auch dazu. Aber wie soll ich Sie hier massieren, dazu müssten Sie ja<br />

liegen.“<br />

„Na und? Ich kann mich doch bei mir im Zimmer aufs Bett legen.“<br />

„Dann müssten Sie aber vorher das Fenster zumachen und den Vorhang vorziehen. Nicht,<br />

dass uns einer beobachtet.“<br />

„Mitten in der Nacht? Wer soll uns denn da beobachten?“<br />

„Weiß ich nicht, aber ich muss neuerdings vorsichtig sein.“<br />

„Und warum?“<br />

„Weil ich dummerweise mit jemandem näher bekannt war, der sich was hat zu schulden<br />

kommen lassen. Ich weiß nicht, ob sie davon schon gehört haben, aber vor anderthalb Monaten,<br />

da ist im Haus Bethlehem einer der Brüder vom Dienst suspendiert worden. Ein gewisser<br />

Neubauer.“<br />

„Und mit dem waren Sie befreundet?“<br />

„Nein, nein, nicht befreundet. Ich war mit Gerd nicht befreundet, das war keine Freundschaft,<br />

so weit ging das gar nicht, aber trotzdem muss ich jetzt aufpassen, dass hier keiner auf<br />

den Gedanken kommt, dass ich womöglich auch so einer bin.“<br />

„Was denn für einer?“<br />

„Na ja, Gerd hat sich da in Bethlehem nämlich... wie soll ich das sagen... also der hat sich<br />

da mit welchen von den Jugendlichen eingelassen. So auf unsittliche Weise, verstehen Sie.“<br />

„Und das ist rausgekommen?“<br />

„Ja, ja, das ist entdeckt worden. – So, ich glaube, das reicht, Ihr Rücken ist sauber.“<br />

„Na prima, dann werd’ ich jetzt mal aussteigen. Sind Sie so gut und geben mir ein Badetuch<br />

aus’m Schrank? Ich hab’ vergessen, mir eins zurechtzulegen.“ – Und das hatte ich tatsächlich‚<br />

war reiner Zufall, aber ein Narr, wer einen Zufall, wenn er ihm gelegen kommt, sich<br />

nicht zunutze macht. Und Lorenz das Badetuch geholt, stand ich auf in all meiner Pracht, griff<br />

zur Dusche, spülte mir den Seifenschaum vom Körper und stieg aus der Wanne. – „Trocknen<br />

Sie mir den Rücken ab?“<br />

„Ja, mach ich.“<br />

„Aber schön kräftig rubbeln. Dann komm’ ich mir vor, als wär’ ich zu Hause. Wenn ich<br />

da aus der Wanne steige, und mein Vater hat nicht grad ’ne Tour... der ist Taxifahrer, aber<br />

wenn er zu Haus ist, dann kommt er, wickelt mich ins Badetuch und trocknet mich ab. Von<br />

oben bis unten. Erst hinten, dann vorn.“<br />

„Und das, obwohl Sie erwachsen sind?“<br />

„Na klar, warum nicht? Ich trockne ihn doch auch von oben bis unten ab, wenn er gebadet<br />

hat. Da muss er auch nichts machen. Mach alles ich. Selbst da, wo man sich für gewöhnlich<br />

allein abtrocknet. Aber mein Vater und ich haben absolut keine Scheu voreinander.“<br />

„Dann geht es bei Ihnen zu Hause aber mächtig frei zu.“<br />

„Was heißt ‚mächtig frei‘? <strong>Das</strong> ist eben so. War das bei Ihnen zu Hause denn wesentlich<br />

anders?“<br />

„Na und ob. <strong>Das</strong> war das ganze Gegenteil. Aber ich hatte ja auch schon lange keinen<br />

Vater mehr. Der ist neunzehnvierzig in Frankreich gefallen. Und von da an habe ich dann nur<br />

noch mit meiner Mutter und meinen beiden Schwestern zusammengelebt. – So, ich glaube Ihr<br />

Rücken ist trocken.“<br />

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