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Das Männerdorf 1 - Hermann W. Prignitzer

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Kirche ab. Von da aus haste noch knapp zwanzig Meter gradeaus, und dann biste da. Ganz bis<br />

Gottesruh will ich nich’. Da kennen sie mich doch, und ich will nich’ erst Guten Tag sagen<br />

müssen. Jetzt muss ich nämlich doch irgendwie zusehen, dass ich weiterkomme.“<br />

Und also stiegen ich mit ein, und Bertold manövrierte den Laster im Rückwärtsgang zurück<br />

auf den Emmauser Weg, und da noch drei Minuten vorwärts, und wir hielten gleich hinterm<br />

Ortschild vor der Emmauser Kirche. Und von dort war’s ein Katzensprung: „Siehste<br />

dahinten am Zaun das Schild stehen? Da musste rein. <strong>Das</strong> is’ das Altersheim. Die drei Häuser<br />

da. Der Leiter sitzt gleich im ersten, gleich rechts, wenn du durchs Tor kommst. Und wenn du<br />

hier die Straße weitergehst, ab hier heißt sie Lazarusstraße, und auf der immer gradeaus, da<br />

kommste runter ins Dorf. So nach etwa fünfhundert Metern. Und das ist dann det, da wo sie<br />

die Irren pflegen. <strong>Das</strong> liegt da alles unten im Tal. Damit habt ihr hier oben nichts zu schaffen.“<br />

„Na gut, dann werd’ ich jetzt da drüben mal anklopfen.“<br />

„Aber nich’ den Zettel verlier’n, wo ich dir meine Adresse aufgeschrieben hab’. Ich find’<br />

dich nämlich prima, mit dir möcht’ ich öfter. Und dann fahr’n wir auch mal nach Berlin rein.<br />

Kennste Berlin?“<br />

„Nee. Jedenfalls nich’ besonders.“<br />

„Na dann werd’ ich dir mal zeigen, wo es da für unsereins was zu holen gibt.“<br />

„Wie, was zu hol’n?“<br />

„Na solche wie du und ich.“<br />

3<br />

Längs der Straße, schräg rüber von der Kirche, ein etwa anderthalb Meter hoher Maschendrahtzaun,<br />

und hinter diesem Zaun meine künftige Wirkungsstätte:<br />

Gnadenfelder Anstalten<br />

Altersheim<br />

Gottesruh<br />

Besuchszeiten:<br />

Mittwochs 15 – 18 Uhr<br />

Sonntags u. Feiertags 9 – 18 Uhr<br />

Oder nach Vereinbarung<br />

So zu lesen auf jener Tafel, auf die mich schon dieser Bertold aufmerksam gemacht hatte:<br />

Da wäre es, da wo das Schild stünde, da müsste ich rein. – Richtig, da war es, da musste ich<br />

rein, und über der Klinke des zweiflügligen Tores die Aufforderung: Den Zugang bitte<br />

ständig geschlossen halten. Und selbige Aufforderung auch an der Innenseite des Tores<br />

und desgleichen über der Klinke angebracht. Und das Tor durchschritten und es der Weisung<br />

gemäß brav wieder eingeklinkt, las ich links und rechts der Einfahrt, die Schilder in Augenhöhe:<br />

Bepflanzungen und Grünanlagen bitte nicht betreten. – Ah ja, die Blumenrabatten,<br />

Zwerg-Astern, Zwerg-Dahlien, sowie den Rasen rund um die Häuser; rechter Hand, das<br />

Grundstück betreten, Haus 1, ein dreietagiger, lang ins Anwesen hinein sich erstreckender<br />

Putzbau aus den, so schätzt’ ich, 20er Jahren. Und links von mir, wie ich da so stand, Haus 2,<br />

und daneben, noch weiter links, Haus 3; zweietagige kleinere Gebäude, roter Backstein, so<br />

um 1900 errichtet.<br />

Und was sah ich noch so auf Anhieb, Köfferchen in der Hand, Aktentasche unterm Arm...<br />

Drei Schritte links und rechts vom Weg weitere Schilder. Schräg rechts: Besucher sich bitte<br />

zunächst bei der Heimleitung melden. Haus 1, Zugang A. Und schräg links: Wege und<br />

Bänke bitte nicht verunreinigen. – So, das war’s hoffentlich. – Nee, war’s nicht. Weiter<br />

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