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Stele und Legende - Oapen

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140 Literarische FiktionalitÇt im alten Orient<br />

6.1.2. Goodmans „Weisen der Welterzeugung“<br />

Diesem Problem begegnete Nelson Goodman in seinem Buch Ways of Worldmaking,<br />

11 in dem er den hÄheren GÅltigkeitsanspruch eines substantialisierten<br />

„realen“ Weltentwurfs gegenÅber „fiktiver“ WeltentwÅrfe bzw. den Widerspruch<br />

zwischen Dogma <strong>und</strong> Fiktion ganz abschaffte <strong>und</strong> durch ein vollstÇndig<br />

relationales Modell ersetzte, das ohne einen letztf<strong>und</strong>ierten RealitÇtsrest auskommt.<br />

Gr<strong>und</strong>lage seines Modells ist die AblÄsung der noch bei Vaihinger<br />

durchgehaltenen subjektivistischen Perspektive des nach Erkenntnis strebenden<br />

Menschen, dem eine uneinholbare Wirklichkeit gegenÅbersteht, zugunsten der<br />

konstruktivistischen Darstellung psychologischer „Weisen der Welterzeugung“.<br />

Statt von der Subjekt/Objekt-Kluft ist das Modell von einer objektiven PluralitÇt<br />

verschiedener Symbolsysteme gekennzeichnet, die jeweils eigene Welten konstituieren.<br />

Goodman benennt als Beispiele die Wissenschaften, die Philosophie, die<br />

KÅnste, die Wahrnehmung <strong>und</strong> die alltÇgliche Rede, die allesamt verschiedene<br />

Symbolsysteme darstellen. 12 Damit lÇsst sich Goodmans „Viele-Welten-Modell“<br />

unmittelbar an das in den Dreiàigerjahren von dem Wissenssoziologen A.<br />

SchÅtz entwickelte Modell der „Subsinnwelten“ anschlieàen. 13 H. R. Jauà hat<br />

das Modell der „Subsinnwelten“ wie folgt umrissen:<br />

Die gemeinsame intersubjektive alltÇgliche Lebenswelt lÇàt sich nach dieser<br />

Theorie in verschiedenen Wirklichkeitsordnungen erfassen, in die sich die<br />

subjektive Erfahrung der Wirklichkeit in allen Gesellschaften gliedert. Solche<br />

Subsinnwelten – wie die „Welt“ der Religion, der Wissenschaft, der Phantasie,<br />

des Traums – konstituieren sich also nicht durch objektiv verschiedene Gegenstandsbereiche,<br />

sondern durch den verschiedenen Sinn, den dieselbe RealitÇt<br />

erlangen kann, wenn sie in religiÄser, theoretischer, Çsthetischer oder noch<br />

anderer Einstellung erfahren wird. Subsinnwelten haben die Struktur geschlossener,<br />

in sich geschichteter Sinngebiete, was vor allem besagt: „alle Erfahrungen,<br />

die zu einem geschlossenen Sinngebiet gehÄren, weisen einen besonderen Erlebnis-<br />

bzw. Erkenntnisstil auf; mit Bezug auf diesen Stil sind sie untereinander<br />

einstimmig <strong>und</strong> miteinander vertrÇglich“. (Ästhet. Erfahrung u. literar. Hermeneutik,<br />

203; Zitat aus SchÅtz/Luckmann, Strukturen der Lebenswelt, 43).<br />

Sowohl bei Goodman wie bei SchÅtz <strong>und</strong> Luckmann genieàt keines der verschiedenen<br />

Symbolsysteme einen priviligierten Status; sie sind alle gleichermaàen<br />

„real“, da sie schlichtweg vorhanden sind. FÅr Goodman ist die Kennzeichnung<br />

einer Welt als real, mÄglich oder irreal/fiktiv immer von einem<br />

11 N. Goodman, Ways of Worldmaking (Hassocks 1978), deutsch Weisen der Welterzeugung<br />

, Åbers. von Max Looser (Frankfurt/M. 1984), diskutiert von W. Iser, Das<br />

Fiktive <strong>und</strong> das Imaginäre, 261–282.<br />

12 N. Goodman, Weisen der Welterzeugung, 10.<br />

13 A. SchÅtz, Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt; seine Theorie wurde fortgefÅhrt<br />

von T. Luckmann in A. SchÅtz / T. Luckmann, Strukturen der Lebenswelt (1975).

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