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Stele und Legende - Oapen

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192 „Sargon, der Eroberer“ (AO 6702)<br />

8.1.2. Der Tafelanfang: Anfang des Textes?<br />

[attun]uma ˹tutakki˺lāninni „[Ih]r habt mich ermutigt!“ So lautet die erste Zeile<br />

der Tafel, <strong>und</strong> aus dem Folgenden wird klar, dass Sargon zu seinen Soldaten<br />

spricht. Der Text beginnt weder mit einem hymnischen Preis der Hauptfigur, 8<br />

noch mit einer Selbstvorstellung im Stile einer KÅnigsinschrift, 9 noch mit einer<br />

hymnischen oder epischen Entfaltung der Szenerie oder des Themas. Er setzt<br />

sofort mit den Worten des KÅnigs ein, die wie aus dem Zusammenhang gerissen<br />

wirken, denn Sargon beginnt nicht mit einer Anrede an seine Truppen, auch<br />

schildert er nicht die konkrete Situation, in der die Soldaten ihn zum Kampf ermutigt<br />

haben. Der Text versetzt mitten in einen Dialog zwischen dem KÅnig <strong>und</strong><br />

seinem Heer <strong>und</strong> vermittelt nicht, worum es geht oder wo dieser Dialog stattfindet.<br />

Dreierlei ist nun denkbar. Entweder ist AO 6702 nicht das komplette Werk,<br />

<strong>und</strong> der Tafel ging eine erste Tafel oder mehrere Tafeln voraus. 10 Oder es hat<br />

diese verloren gegangene, zu AO 6702 gehÅrende erste Tafel nicht gegeben,<br />

sondern der Schreiber hat, eine Vorlage abschreibend, aus unbekannten Gránden<br />

nicht am Textanfang mit seiner Abschrift begonnen. Schlieàlich ist es mÅglich,<br />

dass der Schreiber eine ihm bekannte mándliche Heldensage an einem prÇgnanten<br />

Punkt aufgegriffen <strong>und</strong> von dort ausgehend seine Fassung dieser Sage auf<br />

seiner Tontafel niedergeschrieben hatte.<br />

Die letzte MÅglichkeit ist gewiss die am wenigsten wahrscheinliche. Denn<br />

auch wenn man annÇhme, dass der Schreiber <strong>und</strong> die Leser/HÅrer des Werkes<br />

die im Hintergr<strong>und</strong> stehende Heldensage gut kannten <strong>und</strong> vorverstehend in die<br />

Rezeption des Textes miteinbezogen, widersprÇche eine den Anfang auslassende<br />

Verschriftung doch dem Bild, das sonst die akkadischen ErzÇhlwerke bieten.<br />

èberall dort, wo die AnfÇnge dieser Werke erhalten sind, ist stets eine Einleitung<br />

vorhanden, wenn sie auch zuweilen sehr knapp ausfallen kann. Abrupte<br />

EpenanfÇnge finden sich gelegentlich in der sumerischen Literatur, so z. B. in<br />

„Lugalbanda <strong>und</strong> Enmerkar“ oder in „Gilgameš <strong>und</strong> Akka“, 11 doch fáhrt von<br />

sionen, die die inhaltliche Struktur der ErzÇhlung betreffen, wurden zumeist in dieses<br />

Kapitel integriert; philologische ErÅrterungen wurden in den Kommentar zur Textbearbeitung<br />

ab S. 362 ff. verwiesen. Dabei werden sich Kapitel <strong>und</strong> Kommentar gegenseitig<br />

aufeinander beziehen. Es lieà sich gleichwohl nicht vermeiden, dass diese Verteilung<br />

nicht immer stringent durchgehalten werden konnte.<br />

8 Vgl. C. Wilcke, ZA 67 (1977), 153–216, insbesondere (mit Bezug auf einen historischen<br />

KÅnig) den Anfang des Adad-nārārī-Epos, ibid. 187f.<br />

9 Beispiele wÇren BRM 4 4: anāku Šarru-kīn muttallik kibrāt erbettīn (vgl. J. G. Westenholz,<br />

Legends, 34) oder die „Geburtslegende Sargons“: Šarru-kīn šarru dannu šar<br />

Akkade anāku (vgl. ibid. 38).<br />

10 So mutmaàt auch J. G. Westenholz, Legends, 59.<br />

11 Vgl. C. Wilcke, Das Lugalbandaepos, 90f.; D. Katz, Gilgamesh and Akka, 40 f.

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