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Stele und Legende - Oapen

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164 Formale Analyse der fiktionalen narÄs<br />

spruchsvollen Herrschertitel, die ihn praktisch ganz Babylonien mitsamt dem<br />

angrenzenden Zagrosgebirge kontrollieren lassen, <strong>und</strong> spricht anschlieÑend von<br />

der RÉckfÉhrung der Marduk- <strong>und</strong> Zarpanitu-Statuen sowie von der prunkvollen<br />

Ausstattung Esangilas. Vermutlich war es diese doppelt f<strong>und</strong>ierende Funktion,<br />

die die Inschrift im Geschichtsbewusstsein der Babylonier bedeutsam erscheinen<br />

lieÑ <strong>und</strong> so ihre literarische Tradition befÅrderte – ob sie nun weitgehend auf ein<br />

Original zurÉckgeht oder signifikant pseudepigraphisch ist. Dass mit ihr in<br />

spÄteren Zeiten noch besondere AnsprÉche des Marduk-Kultes begrÉndet<br />

wurden, ist dagegen kaum wahrscheinlich. Der Text wird am Ende, noch vor<br />

dem Assurbanipal-Kolophon (Z. viii 24 ff.), als Geheimwissen bezeichnet, das<br />

nur dem VerstÄndigen gezeigt werden sollte. W. Schramm hat hierin besondere<br />

Relevanz fÉr das Problem der FiktionalitÄt dieses Textes vermutet, 13 doch<br />

scheint es nÄherliegender, die Bezeichnung als „Geheimwissen“ als elitÄren<br />

Bildungsstolz zu deuten: Der Text bewahrte ein historisches Wissen, das<br />

ausschlieÑlich im Kreise der Gelehrten <strong>und</strong> ihrer bewahrten Schriften eine<br />

Existenz hatte. „Geheimwissen“ meint somit vermutlich nur „gelehrtes Wissen“,<br />

ein exklusiver Besitz der schriftk<strong>und</strong>igen Oberschicht, sagt jedoch Éber die<br />

AuthentizitÄt der Inschrift oder Éber den Glauben an ihrer AuthentizitÄt bei den<br />

babylonisch-assyrischen Gelehrten etwas aus.<br />

Wie das “Cruciform Monument” werden die Agum-kakrime-Inschrift <strong>und</strong> die<br />

„Kurigalzu-Autobiographie“ hier zu den fingierten Inschriften hinzugerechnet.<br />

FÉr alle drei Texte gilt diese Klassifizierung jedoch nur unter Vorbehalt. Die<br />

sogenannte „Sanherib-Autobiographie“, 14 die auch unter dem Titel “The Sin of<br />

Sargon” bekannt ist, ist ein weiterer Kanditat fÉr eine fingierte Inschrift. Dass<br />

Sanherib in diesem Werk die „SÉnde“ (ḫīṭu) seines VorgÄngers Sargon II.<br />

ergrÉnden will, die zu Sargons unrÉhmlichem Ende gefÉhrt hat, fernerhin der<br />

Nachwelt RatschlÄge dafÉr erteilt, wie die Opferschauen der Wahrsage-Priester<br />

zu kontrollieren seien – durch das Aufteilen der Wahrsage-Priester in vier<br />

unabhÄngig agierende Gruppen –, schlieÑlich hÄufig die innere Rede Sanheribs<br />

wiedergegeben wird, lÄsst diesen Text hochgradig fiktional erscheinen <strong>und</strong> an<br />

der AuthentizitÄt zweifeln. Aber auch hier ist ein sicheres Urteil nicht mÅglich,<br />

wozu sich erschwerend auswirkt, dass der Text stark beschÄdigt ist <strong>und</strong> Anfang<br />

wie Ende fehlen.<br />

Die beiden einzigen Werke, die von anderen KÅnigen als Sargon oder<br />

Narām-Sån handeln <strong>und</strong> mit einiger Sicherheit als pseudepigraphische Inschriften<br />

eingestuft werden kÅnnen, sind die in Sumerisch abgefasste, altbabylonisch<br />

datierende Lugalanem<strong>und</strong>u-Inschrift 15 <strong>und</strong> die sogenannte „Nebukadnezar-I-<br />

13 Vgl. W. Schramm, BiOr 52 (1995), 96.<br />

14 Vgl. H. Tadmor, EI 5 (1958), 150–162; T. Longman III., Autobiography, 117 f.<br />

15 Vgl. H. G. GÉterbock, ZA 42 (1934), 40–47. Die Kolophone der beiden erhaltenen<br />

Textzeugen datieren auf Abī-ešuḫ <strong>und</strong> Ammi-ṣaduqa; zwischen beiden Texten liegen

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