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Stele und Legende - Oapen

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Formale Analyse der fiktionalen narÄs 185<br />

entfesselte „Flut“ (abūbu) der Feindheere (Z. 97 ff.), der sich ausdrÄcklich<br />

„droben“ (elēnÄ) in der GÑtterversammlung im Himmel ereignet. Zwar ist die<br />

Kommunikation zwischen dem KÑnig <strong>und</strong> den GÑttern auch in der Kuta-<br />

<strong>Legende</strong> zumeist vermittelt: Zum Kontakt bedarf es der Opferschau, die als Ergebnis<br />

kein gÑttliches Wort, sondern einen gÑttlichen, scheinbar mehrdeutigen<br />

„SchlÄssel“ erzeugt. Doch in dem Moment, da der gelÉuterte Narām-SÇn aus<br />

freien StÄcken die Entscheidung Äber sein weiteres Handeln der Opferschau<br />

anheimstellt, „naht“ (sanāqu) sich ihm der Venusstern vom Himmel <strong>und</strong> spricht<br />

in einer klar formulierten Rede mit ihm, so als wÄrde Ištar hÑchstselbst vom<br />

Himmel herab zum KÑnig sprechen (Z. 128 ff.). Im Ergebnis ist das VerhÉltnis<br />

der irdischen zur gÑttlichen Seinsebene ambivalent dargestellt, anders als etwa<br />

im Gilgameš- oder Etana-Epos, die beide in der Zeit der mythischen AnfÉnge<br />

angesiedelt sind <strong>und</strong> in der die GÑtter <strong>und</strong> (halbgÑttlichen) Menschen ganz<br />

selbstverstÉndlich miteinander reden. Dennoch ist das mythische Element der<br />

Kuta-<strong>Legende</strong> prÉgnant, vergleicht man dieses Werk mit den Äbrigen fiktionalen<br />

narÄs, die sich weitaus enger an ihre Vorbilder authentischer KÑnigsinschriften<br />

halten <strong>und</strong> dementsprechend deren Weltsicht <strong>und</strong> Welterfahrung Äbernehmen. 60<br />

Auch hierin zeigt sich somit ein starker Bezug zur akkadischen Epik, der die<br />

Kuta-<strong>Legende</strong> von den Äbrigen fiktionalen narÄs absetzt.<br />

60 NatÄrlich kÑnnen auch in authentischen KÑnigsinschriften zahlreiche „mythische“<br />

oder mythisch anmutende Situationen geschildert sein, etwa wenn ein KÑnig von sich<br />

behauptet, von einer GÑttin gesÉugt oder von den GÑttern zum KÑnigsamt berufen<br />

worden zu sein, oder wenn ein KÑnig von einem Gott aufgefordert wird, einen Tempel<br />

wiederherzurichten oder einen Feldzug zu fÄhren usw. Entweder findet sich Derartiges<br />

jedoch in preisenden Passagen, die sui generis stÉrker poetisch sind <strong>und</strong> damit auch die<br />

inhaltlichen Mittel der akkadischen Poesie verwenden, oder sie bleiben ganz auf den<br />

KÑnig in seinem irdischen Dasein bezogen, d. h. dass der Gott als Person kaum greifbar<br />

wird <strong>und</strong> dem KÑnig lediglich den Anstoà fÄr sein weiteres Handeln liefert. So enthÉlt z.<br />

B. der Prolog des Kodex Ḫammurapi zwar vielfÉltige Aussagen darÄber, wie die GÑtter<br />

Babylon <strong>und</strong> Marduk zur Herrschaft beriefen <strong>und</strong> daraufhin Marduk den „guten Namen“<br />

Ḫammurapis nannte. Doch geschieht dies alles in einem einfÄhrenden Nebensatz (inu<br />

Anu Enlil . . . ), der nur als Rahmen oder Hintergr<strong>und</strong> fÄr die im folgenden inūmīšu-Satz<br />

geschilderten Taten Ḫammurapis dient. Er entfaltet das Thema der gÑttlichen Berufung<br />

ausfÄhrlich, allerdings statisch, ohne zeitliche ErzÉhlstruktur oder gar interaktiver Handlungen<br />

wie wÑrtlicher ZwiegesprÉche der GÑtter untereinander. In wirklich erzÉhlenden<br />

Passagen authentischer KÑnigsinschriften erscheinen GÑtter oder DÉmonen als leibhaftig<br />

erscheinende, handelnde Personen m. W. nirgends.

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