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Stele und Legende - Oapen

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286 Šar tamḫāri<br />

tamḫāri der Fall gewesen war. Phantastische AusschmÄckungen finden sich<br />

allenfalls in der Beschreibung von Sargons Heer. Das einzige phantastische Element<br />

auf Sargons Weg zum Feindland ist die Episode der Walddurchquerung,<br />

die im Šar tamḫāri fehlt. 95 Aufgr<strong>und</strong> des heroischen Tenors sind AO 6702 <strong>und</strong><br />

TIM 9 48 anders als das Šar tamḫāri von durchgÇngiger Ernsthaftigkeit durchzogen<br />

– Witz <strong>und</strong> Ironie findet sich in ihnen nirgends. Schlieâlich bleibt der<br />

Blick des ErzÇhlers ganz bei Sargon <strong>und</strong> seinen Soldaten <strong>und</strong> wechselt nie die<br />

Szenerie; anders als Nūr-daggal im Šar tamḫāri kommt Sargons Gegner in den<br />

altbabylonischen <strong>Legende</strong>n nirgends zu Wort. 96<br />

Die Unterschiede zwischen den altbabylonischen Texten <strong>und</strong> dem Šar tam-<br />

ḫāri sind eminent <strong>und</strong> in einem Modell des literarischen Prozesses, das die<br />

eherne Treue zur verschrifteten Tradition zum Prinzip erhebt, nicht erklÇrbar.<br />

Vielmehr sind die angefÄhrten Gemeinsamkeiten mit in Mesopotamien allgemein<br />

verbreiteten Sagen Äber die KÅnige von Akkade zu erklÇren, aus denen<br />

sowohl AO 6702 <strong>und</strong> TIM 9 48 als auch das Šar tamḫāri bzw. entsprechende<br />

VorlÇufertexte ErzÇhlstrukturen <strong>und</strong> Motive geschÅpft hatten. Ein engerer<br />

literarhistorischer Zusammenhang des Šar tamḫāri zu den altbabylonischen<br />

Werken besteht nicht.<br />

Zu einem ganz Çhnlichen Ergebnis gelangte H. L. J. Vanstiphout, der zuletzt<br />

das VerhÇltnis zwischen AO 6702, TIM 9 48 <strong>und</strong> Šar tamḫāri ausfÄhrlich dis-<br />

95 Vgl. dazu unten S. 287 Anm. 101.<br />

96 Auch hier mag die defekte TextÄberlieferung das Bild verzerrt haben. Immerhin<br />

scheint der unterworfene Feind in der fast ganz abgebrochenen Z. 93 von AO 6702 zu<br />

Sargon zu sprechen (bēlī „mein Herr“), doch findet dort kein Szenenwechsel statt.<br />

Anders die altbabylonische <strong>Legende</strong> „Narām-Sîn <strong>und</strong> der Herr von Apišal“: In Kol. v<br />

dieses Textes wird durch einen vor Narām-Sîn geschickten Boten die wÅrtliche Rede des<br />

KÅnigs von Apišal wiedergegeben, die vielleicht aus einem vorangegangenen abgebrochenen<br />

Teil des Textes episch wiederholt ist. Kol. vi schlieâlich enthÇlt ein ZwiegesprÇch<br />

zwischen dem KÅnig von Apišal <strong>und</strong> seinem Untergebenen oder aber mit Enlil<br />

(Deutung unklar), in dem sich beide GesprÇchspartner darÄber unterhalten, wie sie dem<br />

herannahenden Narām-Sîn begegnen sollen. Somit ist auch in altbabylonischen <strong>Legende</strong>n<br />

eine Darstellung des Gegenspielers, die vom unmittelbaren Zusammentreffen mit<br />

dem Protagonisten unabhÇngig ist <strong>und</strong> somit einen Szenenwechsel bedingt, keine UnmÅglichkeit.<br />

„Narām-Sîn <strong>und</strong> der Herr von Apišal“ hat noch einen weiteren motivischen<br />

BerÄhrungspunkt mit den hier diskutierten Sargon-ErzÇhlungen, worauf auch J. G.<br />

Westenholz, Legends, 174 hingewiesen hat: In Kol. i rÄhmt der KÅnig das bevorstehende<br />

Unterfangen, den Feldzug, bevor er mit seinen Soldaten loszieht. Es scheint sich um<br />

einen Dialog zwischen ihm <strong>und</strong> seinem Wesir, seinem ašarēdum oder seinen Soldaten zu<br />

handeln. Die Szene erinnert schwach an den Dialog zwischen Sargon <strong>und</strong> seinen Soldaten<br />

im Šar tamḫāri, bevor sie zum Feldzug aufbrechen, <strong>und</strong> wie dort mag im abgebrochenen<br />

Vorfeld der Szene ein Redner Narām-Sîn vor dem Unternehmen gewarnt<br />

haben. Zugleich erinnert die Szene aber auch an die Dialoge zwischen Sargon <strong>und</strong> seinen<br />

Mannen in AO 6702 <strong>und</strong> TIM 9 48 (siehe sogleich).

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